Blogbeitrag

Kana Souvenirladen (1996)

demokratisch vertrauendes Zusammenspiel

16. Januar 2025

Sonntagsbotschaft zum 19. Januar 2025, dem 2. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C).

„Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!“ (vgl. Markus 15,34 und Psalm 22,2) – sagt wer zu wem?

Eigentlich Gott zu sich selber. Gott hat sich selbst entäußert, sich verlassen. Hat sich auf uns Menschen verlassen? Jedenfalls wollte er lieber bei den Menschen sein und unser Leben teilen. Den Menschen wollte er nahekommen, vor allem den „von Gott verlassenen“, und eine neue Beziehung aufnehmen mit ihnen, stützend und stärkend mit ihnen gemeinsam den Weg gehen in eine möglichst heile Zukunft …

So ungefähr habe ich vor drei Jahren den Video-Podcast angefangen, mit dem ich mein Verständnis von der Botschaft dargelegt habe, wie sie die für diesen Sonntag vorgesehenen Bibeltexte nahelegen.

Und heute – immer noch mit der von Weihnachten her mich beschäftigenden Frage, wie er zur Welt kommt, worauf es ihm ankommt, wenn er uns begegnet – heute erscheint mir darin als das Wesentliche immer noch das, was ich vor drei Jahren zusammengestellt habe.

Und da ich zurzeit eine Urlaubspause genieße, wiederhole ich das hier einfach – ein wenig abgeändert und aktualisiert.

Also – wie kommt er und was werden wir da erfahren, erleben, wenn er bei uns „erscheint“, wenn er von neuem unter uns zu wirken beginnt?

Ein alter Gesang aus der Liturgie des Stundengebets am Fest der „Erscheinung des Herrn“ (die Antiphon zum Magnificat in der 2. Vesper) besingt es so:

Heute führte der Stern die Weisen
zum Kind in der Krippe.
Heute wurde Wasser zu Wein
bei der Hochzeit.
Heute wurde Christus im Jordan getauft,
uns zum Heile.

Alles „heute“: Gelehrte Menschen aus aller Welt erkennen in ihm den Herrn! Er sorgt dafür, dass den Menschen die Freude nicht ausgeht! Er taucht ein in das bedrückte Volk, um mit allen solidarisch umzukehren auf einen heilsamen Weg!

Für „heute“, gleich nach den Festen der Erscheinung und der Taufe des Herrn, erzählt das Evangelium von einer Hochzeit in Kana in Galiläa (Johannes 2,1-11). Der Evangelist Johannes sagt, was Jesus da tut, das sei das erste der Zeichen, mit denen er seine „Herrlichkeit“ öffentlich sichtbar macht, das „Reich Gottes“, das mit ihm jetzt anfängt.

Dabei handelt Jesus sehr zurückhaltend, geradezu versteckt. Nur ganz wenige bekommen mit, was er tut. Tut er überhaupt etwas?

Als der Hochzeitsgesellschaft der Wein ausgeht, sagt er nur kurz etwas zum Service-Personal. Sie sollen nehmen, wovon genügend da ist, also Wasser, und das reichlich. Damit soll dann der Service-Chef die nächste Runde zum Feiern einläuten. Und der, der ja gar nichts davon mitbekommen hat, dass Jesus seine Finger im Spiel hat, der trägt dem perplexen Bräutigam die staunende Freude der feiernden Menge zu: „Wow! Was ist der Wein aber gut, den du da spendierst! Und das auch noch jetzt, wo doch alle schon betüddelt sind!“ Jesus selber bleibt im Hintergrund, „back stage“.

Warum macht er nicht auf sich aufmerksam? Worauf kommt es ihm überhaupt an? Nur auf das Ergebnis? Oder auf die Veränderung? Auf die Verbesserung der Lage der Menschen? Wenn eine Gesellschaft das Geschenk des Lebens und der Liebe feiert, dann will er es anscheinend nicht hinnehmen, wenn es an Ressourcen mangelt, die Gott ja geschaffen hat, damit sie „das Herz des Menschen erfreuen“ (vgl. Psalm 104,15)!

„Durchblick“ nach diesem „Zeichen“ kommt nur bei denen auf, die ihn kennen und mit ihm gehen: „… und seine Jünger glaubten an ihn“, heißt es.

Wenn das aber ein „Zeichen“ sein soll, mit dem Jesus seine sich jetzt ausbreitende „Herrlichkeit“ „offenbart“, dann ist doch dieses Zeichen nicht nur für seine paar Jüngerinnen und Jünger von damals gemeint! Was zeigt er uns damit?

Die katholische Gottesdienstordnung gesellt diesem Evangelium einen Prophetentext zu, der ganz ähnlich Lust an Leben und Liebe atmet:

Um Zions willen
werde ich nicht schweigen,
um Jerusalems willen
nicht still sein,
bis hervorbricht wie ein helles Licht
seine Gerechtigkeit
und sein Heil
wie eine brennende Fackel.
Dann sehen die Nationen
deine Gerechtigkeit
und alle Könige
deine Herrlichkeit.

Das 2. Vatikanische Konzil – vor 60 Jahren – gründet darauf ein neues Selbstverständnis der Kirche als „Licht für die Völker“ – „lumen gentium“.

Die „Herrlichkeit“, die der Jesaja-Text geradezu der Wonne zwischen Liebenden gleichstellt, bezieht sich deutlich auf globale Gerechtigkeit, besonders für alle sozial und politisch vernachlässigten Menschen, wie die Fortsetzung dieses Propheten-Abschnitts ausführlich darlegt:

Man ruft dich
mit einem neuen Namen,
den der Mund des HERRN
für dich bestimmt.
Du wirst zu einer prächtigen Krone
in der Hand des HERRN,
zu einem königlichen Kopfschmuck
in der Hand deines Gottes.
Nicht länger nennt man dich
„Verlassene“
und dein Land nicht mehr
„Verwüstung“,
sondern du wirst heißen:
„Ich habe Gefallen an dir“
und dein Land
wird „Vermählte“ genannt.

In der alten deutschen Einheitsübersetzung stand hier: Du wirst heißen „meine Wonne“.

Denn der HERR hat an dir Gefallen
und dein Land wird vermählt.
… Wie der Bräutigam sich freut
über die Braut,
so freut sich dein Gott
über dich.
(Jesaja 62,1-5)

Und wie kann das gehen? Wie soll das praktisch aussehen?

Die zweite Lesung des Sonntags kommt mir da vor wie die Beschreibung einer politischen Methodik:

Schon in der Erzählung von der Hochzeit zu Kana werden ja ganz verschiedene Personen und Personengruppen genannt, die auf jeweils eigene Weise miteinander in Beziehung kommen: Jesus, seine Mutter, seine Jünger, die „Diener“, der für das Festmahl Verantwortliche, der Bräutigam, die Gäste. Ihre jeweils eigene Rolle im gesamten Geschehen mit den entsprechend unterschiedlichen Verhaltensweisen ist wichtig in ihrer Zuordnung zum ganzen Ablauf.

Der Apostel Paulus verallgemeinert das zum Prinzip – zunächst als Start in der Gemeinde derer, die in ihrem Glauben an Jesus das so wollen, aber schließlich auch für die Frage, mit welcher Strategie der Gemeinden, mit welcher Haltung der Einzelnen zum Gesamten Gott das für die Menschen überhaupt verwirklichen kann:

Es gibt verschiedene Gnadengaben,
aber nur den einen Geist.
Es gibt verschiedene Dienste,
aber nur den einen Herrn.
Es gibt verschiedene Kräfte, die wirken,
aber nur den einen Gott:
Er bewirkt alles in allen.
Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes geschenkt,
damit sie anderen nützt.
Dem einen wird vom Geist die Gabe geschenkt,
Weisheit mitzuteilen,
dem anderen durch denselben Geist
die Gabe, Erkenntnis zu vermitteln,
einem anderen in demselben Geist Glaubenskraft,
einem anderen – immer in dem einen Geist –
die Gabe, Krankheiten zu heilen,
einem anderen Kräfte, Machttaten zu wirken,
einem anderen prophetisches Reden,
einem anderen die Fähigkeit, die Geister zu unterscheiden,
wieder einem anderen verschiedene Arten von Zungenrede,
einem anderen schließlich die Gabe, sie zu übersetzen. …
(1 Korinther 12,4-11)

Je nach Situation werden das heute auch ganz andere Aufgaben sein in ihrer Vielfalt. Wenn es darum geht, ein neues Parlament und eine neue Regierung zu wählen, braucht es im Volk den Beitrag aller seiner Glieder. Wenn alle ihre unterschiedlichen Bestrebungen, Begabungen und Fähigkeiten für das Gemeinwohl gewichten und aufeinander abstimmen, werden alle Kräfte in ihrem Zusammenspiel auf angemessene Weise die Strukturen und die Dynamik aller Ebenen des Gemeinwesens zum Wohl aller mit Leben füllen.

Menschen, die den Gott der Bibel – wie er sich in Jesus gezeigt hat – ihrem Glaubensbekenntnis gemäß – als „unsern Herrn“ anerkennen, werden dafür eine optimale Bereitschaft und Vertrauen in ein gutes Zusammenspiel ihrer Fähigkeiten einbringen.

Hier können Sie meinen Beitrag weiter empfehlen: