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Erste Schritte

12. Juni 2025

Sonntagsbotschaft zum 15. Juni 2025, dem Dreifaltigkeitssonntag im Lesejahr C. 

Gestern ist bei mir im Vorgarten ein Außerirdischer gelandet. Versehentlich. Er war total „nebe‘ de‘ Kapp‘“, wie Frankfurter sagen. Denn er hatte gesehen, wie wir Irdischen miteinander und mit der Erde umgehen. „Seid ihr noch zu retten“, konnte er nur noch stöhnen; dann löste er sich auf.

Mit etwas mehr Geduld hätte er sich auch mit der Überzeugung der Christen beschäftigen können, dass da ein Gott ist, der alle rettet.

Sind Sie überzeugt, dass Gott rettet? In einem halben Jahr werden wieder alle singen: Christus, der Retter, ist da!

Aber wie macht er sich dann an die Arbeit – Winter, Sommer, egal – wo immer Not am Mann ist? Wie fängt er es an, uns zu retten, wo wir hilflos sind? Wenn er nicht – als der große Zauberer – autoritär uns entmündigen will, sondern die Verantwortung von uns Menschen ernst nimmt und respektiert, – wie oder wo setzt er dann unauffällig an, wenn er uns retten will?

Am Dreifaltigkeitssonntag liegt nahe zu sagen: Jedenfalls vielfältig. Den Bibeltexten des Sonntags liegt anscheinend eine Fragehaltung solcher Art zugrunde. Sie werfen einige Schlaglichter auf die Suche nach einer Antwort:

So spricht die Weisheit Gottes:
Der HERR hat mich geschaffen
als Anfang seines Weges,
vor seinen Werken in der Urzeit;
in frühester Zeit wurde ich gebildet,
am Anfang, beim Ursprung der Erde.

Bevor Gott irgendetwas gemacht hat, gestaltet, geformt, geschaffen hat, ist er sich seiner „Weisheit“ inne geworden. Fünffach betont das der Text! Mit seiner „Weisheit“ fängt alles an: der Weg, den er geht, und seine Werke, die er schafft.

Und den Nachdruck, mit dem der Text das betont, verstärkt er noch mit einer Reihe von Beispielen:

Als die Urmeere noch nicht waren,
wurde ich geboren,
als es die Quellen noch nicht gab,
die wasserreichen.
Ehe die Berge eingesenkt wurden,
vor den Hügeln wurde ich geboren.
Noch hatte er die Erde nicht gemacht
und die Fluren
und alle Schollen des Festlands.

Gottes Weisheit – der Anfang von allem, was Gott tut? Was ist mit seiner „Weisheit“ gemeint? Ist das eine von Gottes Eigenschaften? Oder eine eigene Person? Der Text legt verschiedene Vorstellungen nahe: Gott hat sie „geschaffen“, „gebildet“; sie ist „geboren“.

Bei seiner Weisheit nimmt alles, was Gott tut, seinen Anfang. Und bei allem, was er tut, gestaltet, erschafft, ist sie dabei, wirkt offensichtlich mit:

Als er den Himmel baute, war ich dabei,
als er den Erdkreis abmaß
über den Wassern,
als er droben die Wolken befestigte
und Quellen strömen ließ aus dem Urmeer,
als er dem Meer sein Gesetz gab
und die Wasser
nicht seinen Befehl übertreten durften,
als er die Fundamente der Erde abmaß, …

Und in welcher Weise ist die „Weisheit“ bei all dem dabei?

… da war ich als geliebtes Kind bei ihm.
Ich war seine Freude Tag für Tag
und spielte vor ihm allezeit.
Ich spielte auf seinem Erdenrund,
und meine Freude war es,
bei den Menschen zu sein.
(Sprichwörter 8, 22-31)

„Bei den Menschen“. „Meine Freude“. Von Anfang an. In jedem Anfang. Anscheinend fängt Gott es so auch heute an – immer wieder, wenn er etwas Neues bei den Menschen in die Wege leiten will. Die Weisheit spielt vor ihm wie sein geliebtes Kind. Und er hat seine Freude daran!

Das Kind darf entdecken, erforschen, ausprobieren, Fehler machen, wieder aufstehen – „learning by doing“. Das Kind darf Fähigkeiten entwickeln. Darf sich zu dem in Beziehung setzen, was andere entdeckt und ausprobiert haben. „Bei den Menschen.“ Mit anderen wird ein solches „Kind“ die eigene und die gemeinsame Zukunft gestalten.

So beschreibt der Text Gottes Weisheit. Eigentlich wohltuend und anregend. Die im Gottesdienst am Dreifaltigkeitssonntag das hören und verstehen, antworten staunend mit dem Psalm:

Was ist der Mensch,
dass du seiner gedenkst,
des Menschen Kind,
dass du dich seiner annimmst?!
Wie gewaltig ist dein Name
auf der ganzen Erde!
(Psalm 8,5 und 10 = Kehrvers)

Und wie ist das dann, wenn Menschen sich von Gott anstecken lassen und alles, was ansteht, auch so angehen wie er? In den Christen-Gemeinden haben von Anfang an Menschen im Bewusstsein von Gottes Liebe ihre Erfahrungen damit gemacht. In seinem Brief an die Gemeinde in Rom beschreibt Paulus, wie es kommt, dass die Brüder und Schwestern sich ihren Bedrängnissen in einer Haltung des Friedens und der Hoffnung stellen können:

Gerecht gemacht aus Glauben,
haben wir Frieden mit Gott
durch Jesus Christus, unseren Herrn.
Durch ihn haben wir auch im Glauben
den Zugang zu der Gnade erhalten,
in der wir stehen,
und rühmen uns der Hoffnung
auf die Herrlichkeit Gottes.
Mehr noch,
wir rühmen uns ebenso der Bedrängnisse;
denn wir wissen:
Bedrängnis bewirkt Geduld,
Geduld aber Bewährung,
Bewährung Hoffnung.
Die Hoffnung aber
lässt nicht zugrunde gehen;
denn die Liebe Gottes
ist ausgegossen in unsere Herzen
durch den Heiligen Geist,
der uns gegeben ist.
(Römer 5,1-5)

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. „Gerecht gemacht – aus Glauben“, „Zugang zu der Gnade, in der wir stehen“, … Was heißt das?

Paulus geht anscheinend davon aus, dass die, die er so anspricht oder anschreibt, mit diesen theologisch klingenden Begriffen konkrete Vorstellungen aus ihren Lebenszusammenhängen verbinden. Sie sind es anscheinend gewohnt, sich in dieser Sprache zu verständigen und Nicht-Verstandenes im Gespräch miteinander zu klären.

Da kommt mir das Evangelium des Sonntags wie eine tröstende Ermutigung vor:

Es ist der Abend vor seinem Leiden, an dem Jesus Abschied nimmt von seinen Jüngern. Nachdem er sie mit vielen Hinweisen und Impulsen für das Kommende zu bestärken versucht hat, sagt er zu ihnen:

Noch vieles habe ich euch zu sagen,
aber ihr könnt es jetzt nicht tragen.
Wenn aber jener kommt,
der Geist der Wahrheit,
wird er euch
in der ganzen Wahrheit
leiten. …
(Johannes 16,12-15)

Ich höre: Er sagt da – auch für uns: Ich weiß, ihr möchtet den Überblick haben. Aber statt euch mit einem Schwall von Einblicken zu überschütten, die ihr eh nicht alle zugleich konkreten Geschehnissen zuordnen und für eine Perspektive verarbeiten könnt, haltet daran fest, wie ihr das am besten anfangen könnt – mit der Haltung von Gottes Weisheit, mit der auch er alles anfängt:

Öffnet euch für seinen Geist unter euch! Schaut und hört hin! Lasst euch von ihm leiten – im Vertrauen auf seinen Einblick in die ganze Wahrheit. Dann werdet ihr den Weg gehen können, der euch – auch durch Bedrängnisse aller Art – rettet und zum Frieden führt.

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