Blogbeitrag

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Licht, das ausstrahlt

30. Januar 2025

Sonntagsbotschaft zum 2. Februar 2024, dem Fest der Darstellung des Herrn

Wenn Sie sehen, wie das Jahr so anfängt, wo sehen Sie da am ehesten etwas, das Licht in die Welt ausstrahlt?

In den Medien verbreitet sich ja eher der Eindruck von vielem Düsteren, das sich zäh ausbreitet.

Mir scheint, da ist es – wie vielleicht schon zu allen Zeiten – für die meisten Menschen naheliegend, dass man sich eine gewisse Aufheiterung besorgt, indem man sich vertrautem Brauchtum anschließt und angenehmen Gewohnheiten nachgeht. So kann man tristen Alltag willkommen unterbrechen und zugleich gesellschaftlich mehr oder weniger empfundenen Verpflichtungen nachkommen und außerdem gute Kontakte pflegen.

Vielleicht in einer derartigen Perspektive machen sich auch Josef und Maria mit ihrem kleinen Jesus auf den Weg zur üblichen Wallfahrt nach Jerusalem.

Als sich für die Eltern Jesu
die Tage der vom Gesetz des Mose
vorgeschriebenen Reinigung erfüllt hatten,
brachten sie das Kind
nach Jerusalem hinauf,
um es dem Herrn darzustellen,
wie es im Gesetz des Herrn
geschrieben ist:
Jede männliche Erstgeburt soll
dem Herrn heilig genannt werden. …

Im erzählenden Rückblick macht der Evangelist Lukas klar: Es geht ihm um die Beziehung zwischen Jesus und Gott: wie sie – mit Freude und Staunen – zunehmend erkannt wird, wenn Menschen ihm begegnen.

Die griechische Kirche benennt das Fest, mit dem sie das hier Erzählte feiert, „Υπαπαντή“. Das heißt „Begegnung“ und zwar Begegnung in einer Haltung, die das Wörterbuch „unterwürfig“ nennt. Es geht also um die Begegnung mit einem als groß anerkannten Gegenüber.

Wer begegnet hier wem?

Zunächst einmal begegne ich dieser Erzählung, wodurch – wenn ich es zulasse – das erzählte Geschehen auf mich einwirken könnte. Wenn ich mich in das Geschehen hineinversetzen lasse, begegnen mir mehrere Personen: Josef, Maria, Jesus, Simeon, Hanna.

…, in Jerusalem
lebte ein Mann namens Simeon.
Dieser Mann war gerecht und fromm
und wartete auf den Trost Israels
und der Heilige Geist ruhte auf ihm.
Vom Heiligen Geist
war ihm offenbart worden,
er werde den Tod nicht schauen,
ehe er
den Christus des Herrn gesehen habe.
Er wurde vom Geist
in den Tempel geführt …
als die Eltern
Jesus hereinbrachten,
um mit ihm zu tun,
was nach dem Gesetz üblich war, …

Ja, knapp aber ausdrücklich beschreibt der Evangelist das Geschehen, dem Simeon da begegnet, als völlig unauffällig: Die Eltern tun, was üblich ist. Ausführlich beschreibt er den Simeon. Seine Haltung, die er mitbringt, ist es anscheinend, die es möglich macht, dass er in dem Geschehen mehr sehen kann als „das Übliche“: Lukas nennt die Haltung des Simeon „gerecht und fromm“. Er wartet – anscheinend schon lange und geduldig und in fester Zuversicht – auf den sogenannten „Trost“ Israels, nämlich auf den „Christus des Herrn“, also auf den, der in Gottes Vollmacht das Volk aus aller Trostlosigkeit hinausführen wird. Und in ihm atmet etwas von Gott, was ihn in dieser Haltung bestärkt. Da gehen ihm die Augen auf:

Da nahm Simeon das Kind in seine Arme
und pries Gott mit den Worten:
Nun lässt du, Herr,
deinen Knecht,
wie du gesagt hast,
in Frieden scheiden.
Denn meine Augen
haben das Heil gesehen,
das du vor allen Völkern bereitet hast,
ein Licht, das die Heiden erleuchtet,
und Herrlichkeit für dein Volk Israel.

Das gefällt natürlich dem Lukas, der mit seinem ganzen Evangelium die Botschaft darlegt, deren Kern da dem Simeon aufgeht: „Licht, das die Heiden erleuchtet“, also allen Völkern das Leben hell macht, und „Herrlichkeit für dein Volk Israel“. Was heißt das? „Herrlichkeit“, im Griechischen „δόξα“, ist Gottes eigener herrlicher Lichtglanz, den er ausstrahlt; die Quelle dieses „himmlischen“ Lichtes, von dem alles mit Helligkeit und Wärme belebt wird.

Das ist eine anspruchsvolle Zumutung für das „Volk“, das sich zu dieser Wesenseigenschaft berufen lässt – und zugleich eine hoffnungsvolle Verheißung für die ganze Welt, in die hinein ja diese „δόξα“ strahlen wird – wenn und insofern das damit beschenkte „Volk Israel“ dieses sein neues Wesen lebt!

Auf der Ebene des liturgischen Zeichens hat sich die Gemeinschaft der Christen in Ost und West, die Kirche, die sich ja als „das neue Volk Israel“ versteht, diese Einsicht des Simeon tatsächlich zu eigen gemacht und hat durchaus damit angefangen:

In der Kirche des Westens hieß der Festtag, der dieses Ereignis feiert, lange Zeit hindurch „Lichtmess“. Und die Feiernden – mancherorts bis heute – halten brennende Kerzen in ihren Händen und zeigen damit: Hier, unser Miteinander ist der Ort, von dem Christus, das Licht, in die ganze Welt ausstrahlt.

Vom gelebten Realisieren dieses Glaubenszeugnisses hat sich aber die Aufmerksamkeit wegbewegt – in manchen Regionen in einer eher magisch anmutenden Weise als Zeichen gegen Blitzeinschlag und Gewitterschäden, in anderen Gegenden mit einem Blick, der sich auf der Person Marias ausruht.

Die biblische Perspektive wahrt die Kirche des Ostens, aus der auch im katholischen Stundengebet des Westens am „Fest der Darstellung des Herrn“ ein Prediger des 7. Jahrhunderts zu Wort kommt (Sophronius von Jerusalem, + 638, in der 2. Lesung in der Lesehore): Da sind die Kerzen Zeichen unseres Bekenntnisses:

Wir entzünden den Glanz der Kerzen,
um das göttliche Licht der Ankunft dessen anzuzeigen,
von dem alles leuchtet. …
(Oratio 3 de hypapante, cap. 2,6)

Durch die Jahrhunderte hindurch bis heute zeigt sich immer wieder, dass es auch für die alle religiösen Orientierungen umfassende Menschheit eine anspruchsvolle Zumutung darstellt, wenn Christen ihnen dieses Bekenntnis als hoffnungsvolle Verheißung für alle vor Augen halten.

Denn dieser Glaube wird ja – auch von denen, die ihn feiern – immer wieder nur sehr eingeschränkt in den Realitäten des Lebens in unserer Welt umgesetzt.

Da lädt Simeon zu Beharrlichkeit und Ausdauer ein – und mit ihm der, der durch die Bibel auch heute zu den Menschen sprechen will:

Simeon … sagte zu Maria,
der Mutter Jesu:
Siehe, dieser ist dazu bestimmt,
dass in Israel viele durch ihn
zu Fall kommen und aufgerichtet werden,
und er wird ein Zeichen sein,
dem widersprochen wird, –
und deine Seele
wird ein Schwert durchdringen.
So sollen die Gedanken vieler Herzen offenbar werden.

Ja, auch wenn es um ein geradezu göttliches Licht geht, das alles Finstere für die Menschen hell machen wird, – Menschen, die sich diesem „Licht“ verschrieben haben, müssen mit Widerstand rechnen, der ihre Resilienz auf die Probe stellt.

Die Beziehung, in der Jesus zu Gott steht, den er seinen Vater nennt, stärkt ihn zur Bereitschaft, sich dafür auch umbringen zu lassen, wenn es denn sein muss.

Aber – warum nur fügt der Evangelist dieser doch in sich klaren und runden Erzählung dann noch die andere Begegnung an?

Damals lebte auch Hanna, eine Prophetin,
eine Tochter Penuëls,
aus dem Stamm Ascher.
Sie war schon hochbetagt.
Als junges Mädchen hatte sie geheiratet
und sieben Jahre mit ihrem Mann gelebt;
nun war sie eine Witwe
von vierundachtzig Jahren.
Sie hielt sich st
ändig im Tempel auf
und diente Gott Tag und Nacht
mit Fasten und Beten.
Zu derselben Stunde trat sie hinzu,
pries Gott
und sprach
über das Kind
zu allen,
die auf die Erl
ösung Jerusalems warteten.

Will Lukas damit noch einmal betonen, worauf es ankommt, wenn man beim Erleben von ganz üblichen Geschehnissen nicht übersehen will, wie Gott selber mir darin begegnet? Jedenfalls zeigt er damit: Simeon ist kein Einzelfall. Und ein solcher Einblick in die Wirklichkeit Gottes ist kein Privileg von bestimmten Einzelpersonen oder nur Männern vorbehalten. Auch an Hanna beschreibt er ausführlich ihre – durch ihre Lebensgeschichte durchaus erprobte – kontinuierliche Beziehung zu Gott, bei deren Licht besehen sie erkennt, was da Großartiges geschieht.

Vielleicht kann dann auch unsereins, wenn wir uns dieser Begegnung stellen, darauf reagieren wie Maria und Josef:

Sein Vater und seine Mutter
staunten über die Worte,
die über Jesus gesagt wurden.
(Lukas 2,22-40)

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