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Was das mit einem macht!

6. Februar 2025

Sonntagsbotschaft zum 9. Februar 2025, dem 5. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C).

Immer wieder erleben Menschen Erschreckendes, das ihr Leben durcheinanderwirbelt. Und verblüffend ist ihnen dann manchmal der neue Blick auf ihren weiteren Lebensweg, der sich für sie daraus eröffnet und auf den hin sie dann umkehren.

Die Schriftlesungen in den Gottesdiensten dieses Sonntags erzählen davon.

Jesaja. Er lebte in Jerusalem im 8. Jahrhundert vor Christus. Vielleicht war er ein Verwandter von König Usija. Die Zeit war geprägt von der Bedrohung Israels durch die assyrische Großmacht. Jesaja mahnte immer wieder eine besonnene Politik an, um Assyrien in seinen aggressiven Gelüsten nicht zu bestärken. Er berief sich dabei auf Gottes Friedensabsichten für Israel. Und wie war er dazu gekommen?

Im Tempel von Jerusalem packt ihn eine Vision. Die Furcht erregende Großartigkeit dessen, was er da sieht und hört, beeindruckt auch heute – meistens so sehr, dass dabei übertönt wird, was diese Begegnung mit Gott mit Jesaja macht: auf welches radikale Umkrempeln seines Lebens diese Vision zielt:

Weh mir, ich bin verloren!
Denn ein Mann unreiner Lippen bin ich
und mitten in einem Volk unreiner Lippen wohne ich,
doch den König,
den HERRN der Heerscharen,
haben meine Augen gesehen.

Ihm wird klar und er steht dazu: Wie in der Gesellschaft üblich, in der er lebt, redet er „unreines Zeug“, ganz und gar Widersprüchliches, Schuld und Sünde – daran gemessen, dass doch angeblich Gott der Maßgebende sei für ihn und für das Volk.

„Verloren“! Das hebräische Wort nidmeti kann man auch übersetzen mit „Ich bin um das gebracht, was mein Blut ist.“ Die hebräische Verbform nidmeti enthält den Wortstamm dam: Blut. Das Blut gilt als Wesen und Sitz des Lebens. Also das, was ich – bisher – bin, „ein Mann unreiner Lippen“ – das hat mich um das Wesentliche meines Lebens gebracht; das ist mir „verloren“ gegangen. Sagt Jesaja.

Und da macht er die Erfahrung, dass glühende Kohle seine Lippen berührt!

Da flog einer der Serafim zu mir
und in seiner Hand
war eine glühende Kohle,
die er mit einer Zange
vom Altar genommen hatte.
Er berührte damit meinen Mund
und sagte:
Siehe, dies hat deine Lippen berührt,
so ist deine Schuld gewichen
und deine Sünde gesühnt.
Da hörte ich die Stimme des Herrn,
der sagte:
Wen soll ich senden?
Wer wird für uns gehen?
Ich sagte:
Hier bin ich, sende mich!
(Jesaja 6,1-2a.3-8)

„Mund verbrannt“, sagen wir. Schmerzhaft und erschreckend. Alles andere als eine harmlose Träumerei. Eher „traumatisch“. Das ist aber nicht sein Ende, vielmehr fängt sein Leben damit neu an. Jetzt kann er richtig reden. Ohne das „unreine Zeug“, mit dem das Volk sich versündigt und schuldig macht, weil es sich nur mit den Lippen zu Gott und zu seiner Herrschaft bekennt und zu seiner Wahrheit.

Jesaja geht jetzt – im Wissen, wozu er berufen ist – . Er kehrt um und redet mit neuen Lippen; redet von dem, von dem er sich senden lässt, von den Wegen und den Orten, wie und wo Gott wirken will. Das ist sein neu entdecktes Bild von sich und vom Menschen überhaupt. Er ist zu sich gekommen.

Kennen Sie Menschen, von denen Sie auch eine solche Umkehr zu Gottes Menschenfreundlichkeit bezeugen können? Und in welcher Beziehung dazu sehen Sie sich selbst?

Da kann Gott anfangen, dem Volk, das auf ihn hört, heilsame Veränderung zu bringen, es zu erneuern, seine Lippen von all dem nur so dahingesagten „unreinen Zeug“ zu „reinigen“, es zu befreien, nämlich dazu, in Wort und Tat das umzusetzen, was sie sich zu Herzen genommen haben und wirklich meinen.

Das biblische Buch des Propheten Jesaja ist voll von diesem Neuanfang.

Und wenn man – natürlich unter Berücksichtigung der zeitbedingten Unterschiede – die gleichen, zur heutigen Zeit parallel gelagerten Aspekte beachtet, dann spricht da der, von dem Jesaja sich berufen weiß, auch in die heutige Zeit mit einer starken Botschaft.

Deutlich dargelegt hat das z.B. bereits 1976 der evangelische Theologe Walter Dietrich in seinem Buch „Jesaja und die Politik“. Auslöser für einen gut besuchten Bibelkurs in unserer Gemeinde in der Fastenzeit 1984.

In der gleichen Haltung und eigentlich auch mit vergleichbaren Inhalten und Bestrebungen spricht der Apostel Paulus die Christen in der Gemeinde von Korinth an (1 Korinther 15,1-11).

Er erinnert sie daran, dass auch ihm in einem geradezu umwerfenden Augenblick alle seine Vorstellungen vom Leben umgekrempelt wurden und er jetzt einfach nicht mehr anders kann, als Gottes rettende Botschaft vom auferstandenen Christus mit aller ihm möglichen Authentizität und Überzeugungskraft unter allen Menschen auszubreiten.

Mich überrascht dabei sein einschränkender Hinweis auf die Zuverlässigkeit der versprochenen Rettung,

… es sei denn,
ihr hättet den Glauben
unüberlegt angenommen.
(1 Kor 15,2d)

Für Paulus ist am wichtigsten das „Erscheinen“ von Jesus – wie er es nennt – , das so viele und auch er selber erlebt haben, obwohl Jesus doch hingerichtet worden war!

Ja, gepackt hatte sie das alle, denen er „erschienen“ ist.

Erstaunlich, was das mit ihnen gemacht hat – und was dadurch aus ihnen „wurde“:

Solche Erfahrungen – das hat sie alle durcheinander gebracht in ihrem Bild von sich und ihrem Leben! Von „christlichem Menschenbild“ werden spätere Generationen sprechen und von „christlichen Werten“, die sich daraus ergeben. Recht des Stärkeren, Durchsetzen mit Gewalt, Lohn für die Guten und Strafen für die Bösen und all das andere, was ihr Bild von der Welt und von sich selbst ausmachte, vergangen! Wie gestorben und neu geboren sind sie – neue Menschen geworden. Ihr Leben steht jetzt auf einem neuen Grund. Jetzt werden sie, nein, sie sind schon gerettet – gerettet aus allem, was sie in Gefahr bringt.

Von solchem Erschrecken erzählt auch das Evangelium: Da sind ein paar Fischer am See Gennesaret. Jesus, ihnen noch fremd, kommt dazu, spricht sie an und mutet ihnen ein Verhalten zu, das ihrem Selbstverständnis und all ihrer Lebenserfahrung zuwiderläuft.

Simon hatte ihm sein Boot überlassen, um von dort aus zu den vielen Menschen am Ufer zu sprechen. Und dann heißt es:

Als er seine Rede beendet hatte,
sagte er zu Simon:
Fahr hinaus, wo es tief ist,
und werft eure Netze zum Fang aus!
Simon antwortete ihm:
Meister,
wir haben die ganze Nacht gearbeitet
und nichts gefangen.
Doch auf dein Wort hin
werde ich die Netze auswerfen.
Das taten sie
und sie fingen eine große Menge Fische;
ihre Netze aber drohten zu reißen.
Und sie gaben ihren Gefährten
im anderen Boot
ein Zeichen,
sie sollten kommen und ihnen helfen.
Sie kamen und füllten beide Boote,
sodass sie fast versanken.
Als Simon Petrus das sah,
fiel er Jesus zu Füßen und sagte:
Geh weg von mir;
denn ich bin ein sündiger Mensch, Herr!
Denn Schrecken hatte ihn
und alle seine Begleiter ergriffen
über den Fang der Fische,
den sie gemacht hatten;
ebenso auch Jakobus und Johannes,
die Söhne des Zebedäus,
die mit Simon zusammenarbeiteten.
Da sagte Jesus zu Simon:
Fürchte dich nicht!
Von jetzt an wirst du Menschen fangen.
Und sie zogen die Boote an Land,
verließen alles
und folgten ihm nach.
(Lukas 5,1-11)

Da sie sich auf sein Wort einlassen, machen sie die Erfahrung, dass sie zu viel mehr fähig und berufen sind als gedacht. Nicht mehr Fische werden sie jetzt mit ihren Netzen fangen, sondern Menschen zusammenbringen und vernetzen – in den Lebensraum, den das Reich Gottes eröffnet!

Da verlassen sie alles und sich auf ihn.

Jesaja, Paulus, Simon Petrus, … –

Auch so mancher Politiker in unseren Tagen?

Vielleicht Sie? Oder ich?

Was für erstaunliche Veränderungen im Leben von Menschen!

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