Blogbeitrag

Bild von Dimitris Vetsikas auf Pixabay

Tod, der ins Leben stürzt

17. April 2025

Festbotschaft zu Ostern 2025. 

„Tot“.

  • Der Arbeiter in Kanada, dem – nach einem Zeitungsbericht von vor Jahren – am Freitagabend im Kühlraum die Tür ins Schloss fällt und der am Montag früh tot aufgefunden wird – erfroren. Obwohl die Kühlanlage ausgefallen war!
  • Mein Onkel. Die ihn belebende und am Leben haltende Hoffnung war plötzlich gestorben. Er konnte und wollte nicht weiterleben.
  • Bei einem „Nervenzusammenbruch“ im Januar 1988 schluchzte ich: „Wie wird denn die Auferstehung diesmal aussehen?“
  • Oder Alexis Sorbas: Vor seinem zusammengebrochenen Lebenswerk tanzt er – neben dem Lamm, das über dem Feuer brät!
  • Und schließlich mein unausweichliches, mir bevorstehendes physisches Sterben!

Der Tod in der Vielfalt seiner Variationen.

Der Tod. Was wird aus ihm? Und das Leben?

Menschen machen manchmal Erfahrungen, die ihre bisherigen Einsichten und Kenntnisse sprengen; Erfahrungen, die zu ihrer Sicht von Leben und Tod und von der Welt überhaupt nicht passen; Erfahrungen, die ganz im Widerspruch stehen zu allem, was sie bisher für selbstverständlich und für möglich gehalten haben; …

Wie verarbeiten Menschen solche Erfahrungen?

Jedenfalls verändert sich dadurch ihr Bild vom Gesamt der Wirklichkeiten, dem sie zutrauen, angemessen Orientierung in Leben und Welt zu bieten.

Da ist zum Beispiel mein Freund, der nach einem Unfall drei Monate im Koma lag und Nahtod-Erfahrungen hatte. Wie sehr hat sich sein Bild vom Leben und vom Tod dadurch verändert!

Und da ist der strenggläubige Saulus, der voller Hass und Eifer die ersten Christen ans Messer zu liefern suchte. Der stürzte vom hohen Ross und – geblendet hörte er die Stimme des zu Tode gekreuzigten Jesus: „Saulus, warum verfolgst du mich?“ (Apostelgeschichte 9,4) Er konnte gar nicht anders, als selber zum Verkünder des vom Tod auferstandenen Jesus Christus zu werden: Paulus.

Und – schon am dritten Tag nach dem Tod von Jesus am Kreuz erleben einige von denen, die ihm am engsten verbunden waren und sein Ende miterleben mussten, wie lebendig er ihnen von neuem begegnet. Das ist nach allem, was ein Mensch bei Verstand gelernt hat, völlig unmöglich! Kein Wunder, dass sie meinen, ein Gespenst zu sehen. Aber die Zeichen, mit denen Jesus sich als er selbst deutlich zu erkennen gibt, überzeugen sie mehr als ihre bisherige Lebenserfahrung. Was zum Beispiel Thomas dann ausbrechen lässt in „mein Herr und mein Gott!“ Sie können alle nur noch bezeugen „Er ist auferstanden!“ Das krempelt dann ihr ganzes Leben um.

Und wie wirkt das auf die anderen Menschen?

Die einen betrachten sie als gefährliche Spinner. Oder lassen sie samt ihrer Botschaft von der Auferstehung einfach links liegen. Andere lassen sich darauf ein und anerkennen die Auferstehung von Jesus als Realität, an der das eigene Leben auszurichten unverhofft Perspektiven eröffnet.

Und heute?

Ich habe so viele Gründe, mich in einer lebendigen Beziehung zu sehen mit dem gekreuzigten Jesus, der mir täglich begegnet! Klar, dass ich Du zu ihm sage und mit ihm rede! Und alles Mögliche wird mir zum Anlass, mich von ihm begleitet, angesprochen und angestoßen zu sehen. Unabdingbare logische Voraussetzung dafür ist natürlich: Er lebt! Den sie am Kreuz zum Tod hingerichtet haben, er lebt!

Wo selbst die Hoffnung auf Leben fehlt, in Sterben und Not, in Hunger und Enttäuschung, in Unterdrückung und Ausbeutung – da will Ostern werden – neues Leben aus allen Toden! Aus der Nacht des Todes bricht das Leben. Oster-Nacht wird daraus. Sie essen und trinken miteinander und denken an ihn und an alles, was sie mit ihm erlebt haben: wie alles angefangen hat – und was das jetzt mit ihrem Tod und ihrem Leben macht.

Die allermeiste Zeit, die dieses Universum existiert, gab es gar kein Leben. Und immer wieder auch heute gibt es Orte und Zeiten, die man nicht als von Leben erfüllt bezeichnen möchte, sondern eher als einen Raum des Todes.

… Die Erde war wüst und wirr …
Dann sprach Gott …
und so geschah es …
Gott sah alles an,
was er gemacht hatte:
… es war sehr gut. …
(aus der 1. Lesung der Osternacht –
Genesis 1,1 – 2,2)

Aus dem, was da ist – vorgegeben … da kann der Anspruch auf permanentes Wachstum noch so groß sein … „wüst und wirr“ durch die Ausbeutung für die eigenen Interessen … Das wird jetzt ein Gesamt von Daseinsbedingungen, in das hinein die Menschheit sich integriert und zum Leben kommt! Weil sie den anerkennen, der dieses unfassbare Wunderwerk erschafft und als Lebensraum für alle bereitstellt!

Eine Geschichte der Kriege und der Konkurrenzen um Vormachtstellungen und Privilegien …

… da erschraken sie sehr
und schrien zum Herrn …
Da sprach der HERR …:
… Ich will meine Herrlichkeit erweisen …
So rettete der HERR …
Ich singe dem HERRN ein Lied …:
… Er ist mir zur Rettung geworden!
(aus der 3. Lesung der Osternacht –
Exodus 14,15 – 15,1)

Aus der Geschichte wird jetzt ein Netzwerk von Auswegen für immer mehr Menschen! Aus dem Dasein, das für die Vielen schon kein Leben mehr ist … da spricht der HERR … Er rettet und gibt dem Volk das Leben zurück! Weil sie den anerkennen, dessen durchblickende Wegweisung zu hören in die Freiheit führt!

Auf, alle Durstigen …
die ihr kein Geld habt …
esst und trinkt …
hört und ihr werdet aufleben …
das Wort, das meinen Mund verlässt,
bewirkt, erreicht, was ich will!
(aus der 5. Lesung der Osternacht –
Jesaja 55,1-11)

Aus dem Elend von Armut und Hunger, von Desinteresse und Unrecht wird eine neue Welt, in der keiner links liegen gelassen wird und alle auf einen grünen Zweig kommen können. Weil Menschen den anerkennen, in dessen Welt Brot und Wein nicht nur für die da sind, die sie sich leisten können, sondern für alle.

Allerdings kommen die, die sich als sein Volk auf den Bund mit ihm festgelegt haben, immer wieder ihrem Gott in die Quere. Da erobern sie Länder, ganze Erdteile, massakrieren ihre Bewohner, bringen auf sogenannten „Kreuzzügen“ Andersdenkende um …

Mein Volk …
weil sie Blut vergossen im Land
und es mit ihren Götzen befleckten …
machten das Land unrein …
entweihten meinen heiligen Namen …
Ich werde ihn wieder heiligen …
dann werden die Nationen erkennen …
ich sammle euch, reinige euch …
gebe euch ein neues Herz
gebe meinen Geist in euer Inneres …
ihr werdet mir Volk sein
und ich, ich werde euch Gott sein …
(aus der 7. Lesung der Osternacht –
Ezechiel 36,16-28)

Aus einer Welt, die längst verstanden hat, was „gut“ und was „böse“ ist, die ihre Einsichten aber nicht in reales Handeln umsetzt, wird das, was in der Bibel „das Reich Gottes“ heißt. Weil Menschen den anerkennen, unter dessen Leitung alles Elend sich in Herrlichkeit transformiert. Ja, die Feindschaft wird begraben, wo alles Miteinander von seinem Geist bestimmt ist!

Durch die Taufe
wurden wir mit Christus begraben …
damit wie Christus …
von den Toten auferweckt …
auch ihr … für die Sünde tot …
mit ihm leben ...
(aus der Epistel-Lesung der Osternacht –
Römer 6,3-11)

Mitten in einer Welt, in der Ängste aller Art die Hoffnung auf eine gute Zukunft bedrohen, da tauchen Menschen ein, gliedern sich ein in einen neuen Geist des solidarischen Miteinander. Weil sie den anerkennen, der alle Tode überwindet.

Und der Stein, der vorm Grab liegt und Tod und Leben dauerhaft voneinander trennt??? Weggewälzt!

Das Kreuz – gestürzt! Ausgehöhlt!

… die Frauen,
die den toten Jesus salben wollen …

Boten vom Himmel hören sie sagen:

Was sucht ihr den Lebenden
bei den Toten! …

Und sogar die Apostel hielten das nur

… für Geschwätz.
(aus dem Evangelium der Osternacht –
Lukas 24,1-12)

Dann aber, mitten in einer Welt, in der Menschen Tode aller Art erleiden, erkennen sie in der Lebenshingabe von Jesus den Gott, der aus aller Asche neues Feuer zündet, den Tod durchbricht, neues Leben schafft. Von nun an wird gefeiert!

Halleluja!
(Schluss-Takte des „Halleluja“ aus „Der Messias“ von G. F. Händel – Aufnahme aus dem Kirchenkonzert am 3. Mai 1996 aus Anlass des 100-jährigen Kirchweih-Jubiläums in Herz Jesu Frankfurt-Fechenheim – gesungen vom Revival-Kirchenchor unter der Leitung von Alois Maibach und mit Hildegard Metzroth-Wicke an der Orgel)

 

Nachtrag:

Wenn Sie sich mehr einfühlen wollen in eine entsprechende Haltung und Perspektive zum Feiern des Osterfestes, dann empfehle ich Ihnen gerne aus dieser meiner Internetseite zur Auswahl – je nach Ihrem Interesse:

Das Trotzdem-Fest (2022) – Film (Dauer: 26’42) regt an – ausgehend vom realen Leben – zum Weg durch die Feier der Drei Österlichen Tage: https://rainer-petrak.de/das-Trotzdem-Fest

Wie wir Ostern feiern (2015) Lese-Text beschreibt die Struktur und den Ablauf der Österlichen Drei-Tage-Feier, wie die katholische Liturgiereform von 1971 sie nahelegt: https://rainer-petrak.de/wie-wir-ostern-feiern/

Oder – wenn Sie sich etwas mehr Zeit und Ruhe nehmen wollen, ein Film in 3 Teilen (aus 2021, als wegen Corona keine Gottesdienste stattfinden konnten):

Hier können Sie meinen Beitrag weiter empfehlen: