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anders als gedacht

26. Dezember 2024

Sonntagsbotschaft zum 29. Dezember 2024, dem 1. Sonntag der Weihnachtszeit (Lesejahr C).

„… der Retter ist da.“

So? Der Retter ist da?

Ach, das sagt man halt so im Lied.

Der Rettungssanitäter kommt mit Blaulicht, der Seenotretter mit einem Schiff, der Höhenretter, der Bergretter am Sicherungsseil oder per Hubschrauber, …

Der „Retter“, der da in Kirchen und Kaufhäusern besungen wird, liegt in der Futterkrippe für Esel und Ochs im altertümlichen Bauernstall! Wer wird da „gerettet“ werden?

Ich??? Bist du noch zu retten?

Anders als viele Menschen sind Ochs und Esel intelligent genug, dass sie die für sie gemeinte Futterkrippe erkennen – darauf hatte schon der Prophet Jesaja hingewiesen

(Der Ochse kennt seinen Besitzer
und der Esel die Krippe seines Herrn;
Israel aber hat keine Erkenntnis,
mein Volk hat keine Einsicht.
Jesaja 1,3) –

und dass sie das Kind, das einer in ihre Futterkrippe gelegt hat, nicht auffressen werden, auch wenn sie einen rettungslosen Hunger leiden sollten.

Wie kommen Menschen dazu, an ihm zu erkennen, dass da jetzt Gott zur Welt kommt, um sie zu retten?!

Ein Kind! In so ärmlichen Verhältnissen! Aus der Provinz! Völlig unbekannt! Ohne jeden Einfluss auf das, was geschieht!

Wie soll er jemanden retten können – geschweige denn, die Menschheit?! Das müsste doch ein starker Mann sein mit entsprechender Anhängerschaft, mit politischer Erfahrung und einem Einfluss, der allen seinen Gegnern Angst macht!

Aber so? „Retter“! Der hat doch keine Chancen!

Die, die trotzdem neugierig werden, sind Menschen am rettungslos untersten Ende der sozialen Skala – Schafhirten, die auch bei Nacht und bei Kälte arbeiten müssen, sogar am Sabbat – und die deshalb nichts gelten, nur ausgebeutet werden, bis sie umfallen.

Sie horchen auf, als einer anfängt, von diesem unbedeutenden Jesus als von ihrem „Retter“ zu sprechen. Das ist ja Botschaft vom Himmel! Sie sehen Licht – nicht nur am Ende des Tunnels, sondern ein großes Licht über ihrer Gegenwart! Natürlich machen sie sich auf die Socken!

So erzählt das Lukas-Evangelium, der Text in der Bibel, der an Weihnachten am meisten zu hören ist.

Ja, was da als geschehen bezeugt wird, ist etwas ganz Anderes als das, wovon die Menschheit ihr Heil erwartet!

Aber auch heute lassen Menschen sich in Erinnerung rufen, dass dieses Fest, das ihnen für „Liebe“ und für „Frieden“ steht, für Waffenruhe und für Beschenktwerden, – dass dieses Fest, an dem „der Retter“ besungen wird, hier seinen Ursprung und seinen Sinn hat. Die – wie die Hirten von Betlehem – neugierig miteinander hinhören, denen geht ein Licht auf – ein großes Licht vom Himmel – nach und nach zu erkennen als die schon nicht mehr erhoffte Rettung aus all dem, was so schwer fällt.

Da lässt sich an diesem weihnachtlichen Sonntag wieder Lukas hören, der Evangelist. Er begleitet einen weiteren Schritt hinein in die Logik und die Dynamik des göttlichen Wortes von der Rettung, die mit diesem Jesus vom Himmel her zur Welt kommt.

Die Eltern Jesu gingen jedes Jahr
zum Paschafest nach Jerusalem.
Als er zwölf Jahre alt geworden war,
zogen sie wieder hinauf,
wie es dem Festbrauch entsprach.
Nachdem die Festtage zu Ende waren,
machten sie sich auf den Heimweg.
Der Knabe Jesus aber blieb in Jerusalem,
ohne dass seine Eltern es merkten.
Sie meinten, er sei in der Pilgergruppe,
und reisten eine Tagesstrecke weit;
dann suchten sie ihn
bei den Verwandten und Bekannten.
Als sie ihn nicht fanden,
kehrten sie nach Jerusalem zur
ück
und suchten nach ihm.
Da geschah es,
nach drei Tagen fanden sie ihn im Tempel;
er saß mitten unter den Lehrern,
hörte ihnen zu und stellte Fragen.
Alle, die ihn h
örten, waren erstaunt
über sein Verständnis
und
über seine Antworten.
Als seine Eltern ihn sahen,
waren sie voll Staunen
und seine Mutter sagte zu ihm:
Kind, warum hast du uns das angetan?
Siehe, dein Vater und ich
haben dich mit Schmerzen gesucht.
Da sagte er zu ihnen:
Warum habt ihr mich gesucht?
Wusstet ihr nicht,
dass ich in dem sein muss,
was meinem Vater gehört?
Doch sie verstanden das Wort nicht,
das er zu ihnen gesagt hatte.

Jesus. Mit ihm läuft alles anders als gedacht. Obwohl sie doch einfach einem Brauch folgen. Schon der Zwölfjährige! Na gut, in dem Alter galt man nach Bar Mitzwah mehr oder weniger als Vollmitglied der Gesellschaft. Trotzdem müssen seine Eltern geschockt sein, wie der Junge sich verhält: Als die Festtage zu Ende sind, seilt er sich ab von der Familie. Statt mit den anderen wieder sich auf den Heimweg zu machen, bleibt er im Tempel, mitten unter den Lehrern!

Jährliche Wallfahrt nach Jerusalem zum Paschafest. So hatten sie sich das gedacht. Der Junge darf jetzt mit. Ein pflegeleichtes Kind, das sich doch immer so verhält, wie es seine Eltern von ihm erwarten. Und was wird daraus? Auf dem Rückweg nach Hause merken sie plötzlich: Er ist weg! Da und dort suchen sie nach ihm. Sie müssen zurück nach Jerusalem! Und dort – nicht zu fassen …!

Sie hatten immer gedacht: Der Junge wächst fromm heran, wächst hinein in das Leben in der Familie, im Beruf, in Religion und Gesellschaft … Aber jetzt verstehen sie ihn nicht mehr, verstehen nicht mehr Gott und die Welt: „Wie konntest du …!“

Mit ihm läuft es anders als gedacht. Anders. Neu.

Die nicht mehr zu retten sind, richten sich neugierig auf.

Die alle Welt belehren wollen, werden von ihm befragt, angefragt, gar in Frage gestellt.

Seine Mutter – auch wenn sie ihn nicht versteht –

… bewahrte all die Worte
in ihrem Herzen.

Neuer Humus, aus dem er wachsen kann: der Retter für alle, die nicht mehr zu retten sind!

… er wuchs heran
und seine Weisheit nahm zu
und er fand Gefallen
bei Gott und den Menschen.
(Lukas 2, 41-52)

(Segen und Verabschiedung aus der Weihnachtsnacht 2000 in Herz Jesu Frankfurt-Fechenheim)

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