„Geistesblitz“ – mir ausgelöst durch aktuelle, mich erschreckende Nachrichten
Ich lebe aus der Erfahrung gemeinsamer Kultur.
Viele Aspekte meiner Lebensweise habe ich – jedenfalls zu Beginn –
nicht selber entwickelt,
sondern habe sie einfach übernommen
aus meiner Umwelt, in der ich herangewachsen bin:
meine Art, wie ich auf Herausforderungen reagiere;
mit welcher Einstellung ich anderen Menschen begegne;
wofür ich mit Vorrang aufmerksam bin;
wie ich spreche, denke, fühle …
Anders gesagt:
Ich lebe aus der Logik geteilter Orientierung.
Das mag eine rational erhellte Erfahrungswissenschaft sein.
Oder eine Idee philosophischer Art,
von der sich mir alle Werte oder Ziele ableiten.
Oder eine bestimmte Erfahrung in meinem Leben,
an der ich alles messe, was geschieht.
Oder auch eine irgendwie zustande gekommene Entscheidung.
Oder …
Noch anders:
Ich lebe aus dem Geist geteilten Glaubens.
Für verschiedene Menschen kann das sehr verschieden sein.
Wenn ich das als „Religion“ bezeichne,
können das sehr verschiedene Religionen sein:
der Glaube an „mich selbst“
oder ein geradezu religiöser Kapitalismus oder Konsumismus,
ein Urvertrauen zum Gesamt allen Lebens
oder die Beziehung zu Gott, wie ich ihn mittels der Bibel erkenne,
oder …
Wahrscheinlich trifft das auf jeden Menschen zu.
Wenn es um Zusammenleben geht oder um Verständigung,
verbindet sich damit aber ein Risiko:
Die Sicht solcher Art vom „Leben“, wie sie sich für einen Menschen im Lauf seines bisherigen Lebens ergeben hat, ist ihm ja Grundlage für alles, was zum Leben gehört, und ist ihm deshalb wichtig!
Immer wenn dann beim Gestalten eines Zusammenlebens
oder bei der Suche nach einer Verständigung
die Beteiligten
aus unterschiedlichem Glauben,
unterschiedlicher Orientierung oder Kultur leben,
knirscht es herausfordernd:
Durch die jeweils anderen Sichtweisen vom „Leben“
wird das, was mir so wichtig ist, in Frage gestellt.
Wenn mir das Angst macht, weil es mich verunsichern könnte,
werde ich mich dagegen wehren,
vielleicht indem ich abfällig über „die anderen“ rede,
damit man ihnen nicht vertraut, sondern sich eher mir anschließt.
Wenn es mir keine Angst macht,
weil ich in meiner Überzeugung stabil verwurzelt bin,
dann werde ich neugierig sein und kooperativ.
Wenn der Zusammenhang, den ich hier beschreibe und gewichte,
wirklich so zutrifft und relevant ist
fürs Gestalten des Zusammenlebens
und für jede Suche nach einer Verständigung,
dann sollten die Beteiligten an einem Konflikt
ihn entsprechend beachten und nutzen,
damit das Miteinander besser gelingt.
Ich denke, das gilt sowohl im Streit um „religiöse“ Fragen
wie auch im Streit um Koalitionsbildungen
oder in der politischen Debatte mit total anders Denkenden;
ebenso bei der Planung gemeinsamer Vorhaben im Familienleben
wie auch in Angelegenheiten internationaler Streitigkeiten.
Welche Konsequenz ziehen wir daraus
beim nächsten anstehenden Konflikt?