Blogbeitrag

am Osterfeuer (1996)

Erde gegen Himmel – ausgespielt

8. August 2024

Sonntagsbotschaft zum 11. August 2024, dem 19. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B).

Es wird immer schwieriger, den Überblick zu behalten. Das Vertrauen schwindet zunehmend, dass es gelingt, anerkannte humane Ziele in der politischen Wirklichkeit konkret umzusetzen. Erlittene Verletzungen werden zu Bremsklötzen und fördern eine Rückwärts-Entwicklung zum steinzeitlichen Recht des Stärkeren. Forderungen mit Macht durchzusetzen, erscheint reizvoller, als Argumente abzuwägen.

Da halte ich es für bedrohlich leichtsinnig, wenn aus diesen Zusammenhängen herausgehalten wird, was das Evangelium von Jesus Christus und die gesamte Bibel an zukunftsfähigen Anregungen bietet.

Denn Jesus zeigt mit seinem Wort, seinem Tun und seiner ganzen Haltung zeitlos taugliche Wege zu einem Gelingen auf, zu dem hin Gott mit allen Menschen gehen will.

Wie wichtig ihm das ist, das zeigt er mit seiner konsequenten und totalen Bereitschaft, dafür mit seinem Leben zu bezahlen. Er, „Gottes Sohn“, der, um sich zeigen zu können, einer von uns Menschen wird! Im Vertrauen auf den Menschen, dass der sich davon überzeugen lässt und Mut fasst für einen Weg in eine menschliche Zukunft.

Das ist das Thema im 6. Kapitel des Johannes-Evangeliums. Da bezeugt der Evangelist die Bedeutsamkeit von Jesus, die er „gesehen“ hat: Jesus mit seiner ganzen Person, in Fleisch und Blut „einer von uns“ und zugleich Gott selber, er ist das Zeichen, das Gott den Menschen gibt. Mit ihm zeigt Gott von neuem, was er – im Kontrast zu diversen Meinungen über ihn – wirklich will und tut: Alle sollen „leben“ können.

Damit „pro-voziert“ er, ruft heraus aus einem gesellschaftlichen System, das am Leben in menschlicher Würde und in umfassendem Gemeinwohl hindert. In der griechischen Sprache heißt übrigens „Gemeinschaft der Herausgerufenen“ „ek-kles-ia“, normalerweise übersetzt mit „église“, „chiesa“, „Kirche“. Das sind die, die sich herausgerufen wissen in die Freiheit einer neuen Humanität. In eine Humanität nach dem Muster von Jesus, die sogar Sterben und Tod integriert und alle durch sie errichteten Begrenzungen sprengt. Alle können sich das – auf Augenhöhe – von ihm zeigen lassen!

Die große Rede von Jesus im 6. Kapitel des Johannes-Evangeliums gipfelt schließlich in der Aussage, er selber mit seiner ganzen Person sei das Zeichen, das der Himmel gibt: „Ich bin das Brot vom Himmel!“ Alles mit dem Blick der Beziehung zu ihm zu sehen und bei allem, was beschäftigt und wichtig scheint, auf ihn zu hören, damit sättigt Gott den Lebenshunger der ganzen Menschheit!

Eine solche Botschaft ist natürlich eine Zumutung für alle, die das Leben auf eine andere Weltsicht gründen!

Dieser Auseinandersetzung stellt sich Jesus:

Da murrten die Juden gegen ihn,
weil er gesagt hatte:
Ich bin das Brot,
das vom Himmel herabgekommen ist.
Und sie sagten:
Ist das nicht Jesus, der Sohn Josefs,
dessen Vater und Mutter wir kennen?
Wie kann er jetzt sagen:
Ich bin vom Himmel herabgekommen? …

Was – wie man sehen kann – aus Irdisch-Menschlichem stammt, das kann nicht vom Himmel kommen! Das ist ihr Grundsatz, an dem sie festhalten. Was man irdisch verstehen kann – wir würden heute sagen „was man wissenschaftlich erklären kann“ – dessen himmlische Herkunft ist also widerlegt.

Diese Sichtweise ist blind für die „Kompatibilität“ der Liebe mit den irdisch-menschlichen Belangen des zwar andersartigen, aber geliebten Gegenüber.

So ist Jesus selber als „Sohn Gottes“ zwar weder ein „Kind seiner Zeit“ noch ein „Kind dieser Welt“, aber als einer von uns Menschen versteht er völlig klar: Als Menschen bei Verstand können sie das, was er ihnen bringt, nicht so einfach akzeptieren. Das kann ihnen nur aufgehen, wenn sie es sich sagen lassen. Ja, er weiß:

Niemand kann zu mir kommen,
wenn nicht der Vater,
der mich gesandt hat,
ihn zieht; …
Bei den Propheten steht geschrieben:
Alle werden Schüler Gottes sein.
Jeder, der auf den Vater hört
und seine Lehre annimmt,
wird zu mir kommen. …

Er vertraut darauf, dass Menschen alle ihre Möglichkeiten der Wahrnehmung nutzen und sich der Begegnung öffnen, sich ihm glaubend anvertrauen.

Um ausreichend „fassen“ zu können, was Jesus von Gott „rüberbringt“, was da wahrhaft wirkt, dazu ist menschliches Denken und Sprechen allein nicht in der Lage. Es braucht die Ergänzung durch „Intuition“ – angefangen bei der Körpersprache, … über eine nonverbale Symbolik von Zeichen, die aus sich selbst heraus unmittelbar „sprechen“, Lyrik, Musik:

Amen, amen, ich sage euch:
Wer glaubt, hat das ewige Leben.
Ich bin das Brot des Lebens.

Das Johannes-Evangelium will im Glauben an Jesus bestärken und erinnert deshalb alle, die es hören oder lesen, an Jesus, der selber Gottes Botschaft an die Menschheit ist: Mit allem, was ER tut und sagt und erleidet und bewirkt, zeigt er nicht nur etwas von sich und von Gott. ER selber – mit allem, was er bis zu seinem Sterben hin von sich zeigt, ist das Zeichen für das von Gott angebotene erfüllte und bleibende Leben. Die Beziehung aufnehmen und pflegen zu ihm und dem, was ihn erfüllt, das nährt dieses Leben!

IHN kann man in sich aufnehmen, eins werden mit ihm, in den eigenen Stoffwechsel, in die eigene Identität, ins eigene Selbstverständnis übergehen lassen. Ihn möchte man essen, so dass er einem in Fleisch und Blut übergeht!

Eure Väter haben in der Wüste
das Manna gegessen und sind gestorben.
So aber ist es mit dem Brot,
das vom Himmel herabkommt:
Wenn jemand davon isst,
wird er nicht sterben.
Ich bin das lebendige Brot,
das vom Himmel herabgekommen ist.
Wer von diesem Brot isst,
wird in Ewigkeit leben.
Das Brot, das ich geben werde,
ist mein Fleisch für das Leben der Welt.
(Johannes 6, 41-51)

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