Blogbeitrag

Bild von Petra Göschel auf Pixabay muscari-8627122

Lasst euch versöhnen!

27. März 2025

Sonntagsbotschaft zum 30. März 2025, dem 4. Sonntag auf dem Weg zum Osterfest im Lesejahr C.

Sind Sie bereit, auch große Probleme in Kauf zu nehmen, wenn Sie sich für etwas einsetzen, was Ihnen wichtig ist?

Die Männer und Frauen, die damals Jesus begleiteten, hatten Angst, ihr Weg mit ihm könnte in Jerusalem ein böses Ende nehmen. In der Versuchung zu kneifen, die Jesus für sich selbst schon klar und bewusst von sich gewiesen hatte, wollten sie ihn lieber daran hindern: „Gott bewahre!“, sagte Petrus. Was sollen wir denn ohne dich machen!

Die Christen heute sind da vermeintlich einen Schritt weiter: Sein Ende in Jerusalem ist ja inzwischen zu einem jährlichen großen Fest geworden. In den Wochen der Vorbereitung darauf gilt verbreitet als Inbegriff von „Umkehr“ einfach irgendein „Verzicht“ – auf Alkohol, auf leckeres Essen oder sonst etwas – je nach eigenem Geschmack ausgewählt und – ohne es zu übertreiben – menschenfreundlich dosiert. Manche pflegen darüber hinaus mehr als sonst eine gewisse Achtsamkeit, so dass sie schöne Momente – dankbar gegenüber Gott – als „Sternstunden“ wie auf dem Tabor erkennen.

Die Liturgie der Kirche allerdings, mit der Christen Wesentliches feiern, beschreibt das Besondere, um das es da geht, manchmal um ganze Dimensionen anders:

Die Präfation zum Beispiel, mit der am Sonntag vor zwei Wochen das große Lob- und Dankgebet der Eucharistie begann, deutet das im Evangelium von der sogenannten „Verklärung“ Christi bezeugte Geschehen mit den Worten

Er hat den Jüngern
seinen Tod vorausgesagt
und ihnen auf dem heiligen Berg
seine Herrlichkeit kundgetan.
In seiner Verklärung erkennen wir,
was Gesetz und Propheten bezeugen:
dass wir durch das Leiden mit Christus
zur Auferstehung gelangen.
(Messbuch:
Präfation zum 2. Fastensonntag)

„… dass wir durch das Leiden mit Christus zur Auferstehung gelangen!“

Und Leo der Große, Papst im 5. Jahrhundert, sagte dazu in einer Predigt:

Bei dieser Verklärung
ging es vor allem darum,
das Ärgernis des Kreuzes
aus dem Herzen der Jünger zu nehmen.
(so zitiert in der 2. Lesung der Lesehore
am 2. Fastensonntag / Jahr II)

Auf dem Weg, der zum Osterfest führt, will er uns mit dem „Ärgernis des Kreuzes“ versöhnen. Er will uns versöhnen mit den Belastungen, die drohen, wenn wir uns in den Konflikten unserer Tage als seine Anhänger outen, die gemeinsam und mit ihm dem Aufleben der Menschen dienen wollen.

Ja, das kann einem dann schon manchmal zu einem Ärgernis werden. Etwa wenn man wegen eines solidarischen Einsatzes für sozial Benachteiligte oder für eine Rettung des Klimas oder der Artenvielfalt auf die Straße geht und dafür als Linksradikaler oder als Spinner diffamiert wird. Wenn einem das dann zum Problem wird, kann man schon einmal mit Gott unversöhnt hadern: „Warum lässt du das zu!“

Jesus hatten damals „die Schriftgelehrten und die Pharisäer“ als „Gotteslästerer“ diffamiert, weil er – in Gottes Namen! – sich besonders gerne mit Menschen an einen Tisch setzte, die als „Sünder“ galten. Ja, er beanspruchte, damit die Liebe zu verkörpern, mit der Gott sich der Menschen annimmt. Und das löste bei ihnen unversöhnlichen Widerspruch und Gegnerschaft aus.

Jesus antwortet darauf – in der Hoffnung, dass sie begreifen – mit seinem Gleichnis vom barmherzigen Vater:

Der Sohn, der mit dem vorzeitig ausgezahlten Erbe alle seine Beziehung zum Vater beendet hatte und damit krachend gescheitert war, der konnte nur noch hoffen, vielleicht als Tagelöhner beim Vater sich seinen Lebensunterhalt verdienen zu dürfen.

So weit waren die Schriftgelehrten gerne einverstanden mit Jesus.

Aber dann – wie im Gleichnis der Vater auf den zurückkehrenden Sohn reagiert! Vor ihm demütig auf die Knie fallen, wie er selber und nicht nur seit Rembrandt wir alle uns diese Begegnung meistens vorstellen, das kann er gar nicht, denn:

… Der Vater sah ihn ja
schon von weitem kommen …
Er lief dem Sohn entgegen,
fiel ihm um den Hals und küsste ihn.

Das reumütige Bekenntnis des Sohnes interessiert ihn nicht. Er lässt ihn mit seinem unterwürfigen Ansinnen auf einen Job als Tagelöhner gar nicht erst zu Wort kommen!

Statt dessen wendet der Vater sich an die Knechte:

Holt schnell das beste Gewand
und zieht es ihm an,
steckt einen Ring an seine Hand
und gebt ihm Sandalen an die Füße!
Bringt das Mastkalb her und schlachtet es;
wir wollen essen und fröhlich sein.
Denn mein Sohn war tot und lebt wieder …
Und sie begannen, ein Fest zu feiern.

Er macht ihn wieder zum Sohn. Er „ver-söhnt“ ihn. Eigentlich ist er für ihn immer „Sohn“ geblieben. Auch wenn der sich davon in einer tragischen Fehleinschätzung „frei“ gemacht hatte.

Auch seine mächtigen Gegner möchte Jesus so gerne mit diesem Gleichnis „ver-söhnen“, zumal sie sich doch auch zu dem Gott bekennen, von dem die Bibel durchgängig bezeugt: „Der Herr ist gnädig und barmherzig, langmütig und reich an Güte!“

Aber für eine solche Umkehr sind sie zu sehr auf ihre Ordnung festgelegt. Unversöhnlich halten sie an ihren Prinzipien fest.

Und da dieser Konflikt immer weiter ging – bis in unsere Tage – , greift die Leseordnung der Kirche nach dem Aschermittwoch noch einmal an diesem Sonntag den eindringlichen Appell des Apostels Paulus auf, der so vielleicht als Inbegriff des Weges zu einem wirklichen Osterfest hin aufstrahlt: Lasst euch mit Gott versöhnen!

Das Alte ist vergangen,
Neues ist geworden.
Und das alles kommt von Gott,
der uns durch Christus mit sich versöhnt
und uns den Dienst der Versöhnung aufgetragen hat.
Ja, Gott war es,
der in Christus
die Welt mit sich versöhnt hat,
indem er ihnen
ihre Verfehlungen nicht anrechnete
und unter uns
das Wort von der Versöhnung
aufgerichtet hat.
Wir sind also Gesandte an Christi statt
und Gott ist es, der durch uns mahnt.
Wir bitten an Christi statt:
Lasst euch mit Gott versöhnen! …
(2. Korinther 5,17-21)

Es geht nicht um esoterisch idealisierte oder heiliggesprochene „kleine Brötchen“, um wohldosierten Verzicht oder um vernünftige Entschleunigung.

Es geht um die Empfänglichkeit für Gottes „große Taten“! Die geschehen können, wenn Menschen Ja sagen und ihr Handeln daran orientieren. Es geht nicht um unser mehr oder weniger frommes Tun, sondern um seine Absicht, dem Leben der Menschen zu dienen, und wie wir uns in diesem seinem Vorhaben positionieren und beteiligen.

Wenn wir so auf ihn hören, lässt er uns nicht hungrig und freudlos allein! Sein Weg der Hingabe bis ans Kreuz, der – ängstlich betrachtet – zunächst mal so aussehen mag, der wird zum Brot des Lebens und zum Wein der Freude: Das ist es, wenn ich meinen Leib für euch hingebe und mein Blut für euch vergießen lasse! Ein Fest der dankbaren Freude will gefeiert werden: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir …!“

Und der morgendliche Hymnus in der Zeit der Vorbereitung besingt die Perspektive der Versöhnung, zu der er uns in diesen Wochen von neuem bewegen möchte:

Es kommt der Tag, dein Tag erscheint,
da alles neu in Blüte steht,
der Tag, der unsre Freude ist,
der Tag, der uns mit dir versöhnt.

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