Sonntagsbotschaft zum 25. Mai 2025, dem 6. Ostersonntag im Lesejahr C.
Meine Meinung ist mir wichtig. Gebildet habe ich sie mir ja durch eigene Erfahrungen und durch vertrauenswürdige Information. Wer mit mir gleicher Meinung ist, hat Chancen auf meine Sympathie. Andere Meinungen kann ich zunächst tolerant stehen lassen. Aber wenn sie mich betreffen oder meinen gewohnten Lebensraum beeinträchtigen, will ich doch lieber, dass meine Meinung die Oberhand behält. Dann bin ich in der Versuchung, mir und den mir Gleichgesinnten einen Vorrang einzufordern. Und in dieser Situation kann ich mich schon dann sehen, wenn ich von Menschen den ersten äußeren Eindruck habe, dass sie in meinem Lebensraum andere Meinungen und Gewohnheiten ausbreiten wollen.
Sie merken, wovon ich rede?
In der so beschriebenen Situation geht die Frage unter die Haut, die ich zusammenfasse mit dem Titel „abschotten oder integrieren?“ Es geht um die inhaltliche Ausrichtung für alles menschliche Miteinander, um die Wert-Orientierung in der Haltung zueinander: Haben alle das gleiche Recht als Menschen?
Glücklicherweise findet global im Prinzip die Würde des Menschen als Quelle gleichen Rechtes für alle anerkannte Gültigkeit. Aber im persönlichen Alltag wie in der großen Politik fällt es offensichtlich allen Menschen mehr oder weniger schwer, danach auch zu handeln. Es ist eben leichter, fremd anmutende Meinungen und Bestrebungen sich vom Leibe zu halten, als die Chancen sich ergänzender Beziehungen auszuloten.
Da hilft es, gelingende Beispiele zu beleuchten und ihren Geist für die eigene Ermutigung zu nutzen. Die Bibel-Texte, die für die katholischen Gottesdienste an diesem Sonntag vorgesehen sind, regen dazu an:
Paulus und Barnabas waren durch die heutige Türkei gereist. Sie wollten möglichst vielen Menschen die neue Nachricht bringen vom auferstandenen Retter Jesus Christus. Dabei waren sie immer wieder in schwere Konflikte geraten mit den jeweils führenden Juden. Aber in einer Reihe von Ortschaften hatten sich neue Christen-Gemeinden gebildet. Und jetzt waren sie wieder beim Ausgangspunkt ihrer Missionsreise angekommen: in der Gemeinde in Antióchia. Dort entstand gerade ein weiterer Konflikt – innerhalb der Gemeinschaft der Christen:
In jenen Tagen
kamen einige Leute von Judäa herab
und lehrten die Brüder:
Wenn ihr euch nicht
nach dem Brauch des Mose
beschneiden lasst,
könnt ihr nicht gerettet werden.
Da nun nicht geringer Zwist und Streit
zwischen ihnen
und Paulus und Barnabas entstand,
beschloss man,
Paulus und Barnabas
und einige andere von ihnen
sollten wegen dieser Streitfrage
zu den Aposteln und den Ältesten
nach Jerusalem hinaufgehen.
In Jerusalem beraten sie miteinander und kommen zur gemeinsamen Überzeugung, was zur Lösung des Konflikts am besten ihrer Verfassung entspricht, in der sie sich ja zutiefst dem Geist verbunden wissen, der im Reich Gottes herrschen will und soll:
Da beschlossen die Apostel
und die Ältesten
zusammen mit der ganzen Gemeinde,
Männer aus ihrer Mitte auszuwählen
und sie zusammen mit
Paulus und Barnabas
nach Antiochia zu senden,
nämlich Judas, genannt Barsabbas,
und Silas,
führende Männer unter den Brüdern.
Sie gaben ihnen folgendes Schreiben mit:
Die Apostel und die Ältesten, eure Brüder,
grüßen die Brüder aus dem Heidentum
in Antiochia, in Syrien und Kilikien.
Wir haben gehört, dass einige von uns,
denen wir keinen Auftrag erteilt haben,
euch mit ihren Reden beunruhigt
und eure Gemüter erregt haben.
Deshalb haben wir einmütig beschlossen,
Männer auszuwählen
und zusammen
mit unseren geliebten Brüdern Barnabas und Paulus zu euch zu schicken,
die beide für den Namen Jesu Christi, unseres Herrn,
ihr Leben eingesetzt haben.
Wir haben Judas und Silas abgesandt,
die euch das Gleiche
auch mündlich mitteilen sollen.
Denn der Heilige Geist und wir haben beschlossen,
euch keine weitere Last aufzuerlegen
als diese notwendigen Dinge:
Götzenopferfleisch, Blut,
Ersticktes und Unzucht zu meiden.
Wenn ihr euch davor hütet,
handelt ihr richtig.
Lebt wohl!
(Apostelgeschichte 15,1-2.22-29)
Die heute zum Gottesdienst versammelten Christen, die dieses Verfahren als Muster für heute verstehen, antworten darauf mit dem jubelnden Psalm:
Gott sei uns gnädig und segne uns.
Er lasse sein Angesicht über uns leuchten,
damit man auf Erden
deinen Weg erkenne,
deine Rettung unter allen Völkern.
Die Nationen sollen sich freuen und jubeln,
denn du richtest die Völker nach Recht
und leitest die Nationen auf Erden.
Die Völker sollen dir danken, Gott,
danken sollen dir die Völker alle.
(Psalm 67,2-3.5-6 mit Vers 4 = 6 als Kehrvers)
Eine alle Völker umfassende Dynamik, nach der die Menschheit sich sehnt, die sie aber in der praktischen Politik einfach nicht auf die Reihe kriegt!
Eine dazu wesentliche Ermutigung gibt das Evangelium des Sonntags: Aus seiner ausgiebigen Zusammenstellung von dem, was Jesus beim Abschiedsmahl den Seinen – sozusagen als sein „Testament“ – ans Herz gelegt hat, erinnert da der Evangelist an das Wort von Jesus, mit dem er zum Ausweg anregt – ein Ausweg, der zum ersehnten Frieden führen wird:
Wenn jemand mich liebt,
wird er mein Wort halten;
mein Vater wird ihn lieben
und wir werden zu ihm kommen
und bei ihm Wohnung nehmen.
Wer mich nicht liebt,
hält meine Worte nicht.
Und das Wort, das ihr hört,
stammt nicht von mir,
sondern vom Vater,
der mich gesandt hat.
Das habe ich zu euch gesagt,
während ich noch bei euch bin.
Der Beistand aber,
der Heilige Geist,
den der Vater
in meinem Namen senden wird,
der wird euch alles lehren
und euch an alles erinnern,
was ich euch gesagt habe.
Frieden hinterlasse ich euch,
meinen Frieden gebe ich euch;
nicht, wie die Welt ihn gibt,
gebe ich ihn euch.
Euer Herz beunruhige sich nicht
und verzage nicht.
Ihr habt gehört,
dass ich zu euch sagte:
Ich gehe fort
und komme wieder zu euch.
Wenn ihr mich liebtet,
würdet ihr euch freuen,
dass ich zum Vater gehe;
denn der Vater ist größer als ich.
Jetzt schon habe ich es euch gesagt,
bevor es geschieht,
damit ihr, wenn es geschieht,
zum Glauben kommt.
(Johannes 14,23-29)
Meinen Frieden gebe ich euch. Darauf könnt ihr euch verlassen. Da braucht ihr nicht zu verzagen, wenn ich von euch gehe. Der Geist, mit dem der Vater euch beatmet und belebt, wird euch beistehen, so dass ihr euch an meine Worte erinnert und euch daran haltet. Dann werdet ihr merken: Wir wohnen bei euch. Und das bringt euch echten Frieden.
Wer sich für mehr dazu interessiert, findet weitere Aspekte in der „Sonntagsbotschaft“ des gleichen Sonntags von vor 3 Jahren: https://rainer-petrak.de/was-mich-praegt/