Blogbeitrag

Kruzifix mit frischen Zweige

in zerrissener Gesellschaft

23. März 2021

Sonntagsbotschaft
des Palmsonntags, 28. März 2021

aus der Perspektive von
Menschen, die (noch) nicht wirklich entschiedene Christen sind,
die aber neugierig, sehnsüchtig, aufgeschlossen
die Botschaft für heute aus dem Geschehen von damals hören wollen –
zwar eine Botschaft aus der Überlieferung der Kirche,
aber trotz gestörter Glaubwürdigkeit
mit einem gewissen Vertrauen
zu dem, was dieser Kirche da anvertraut und aufgegeben ist

Jerusalem damals.

Wenige Tage vor dem großen Fest. Pascha stand vor der Tür. Das Fest der Befreiung.

Da gab es Leute, als die merkten, dass Jesus nach Jerusalem kommt – dieser Mann, von dem sie Erstaunliches gehört hatten – da liefen sie zusammen, bejubelten ihn: „Hosanna!“

Für Jesus selber war das wahrscheinlich peinlich. Er wusste schließlich, dass es für ihn gefährlich wird in dieser Stadt. Da tun die Leute, als sei er ihr kommender König: „Sohn Davids!“ Das ist Wasser für die Mühlen derer, die genau das ihm zum Vorwurf machen.

Um sich mit denen auseinanderzusetzen, kommt er. Diese selbstgerechten Herrschenden, die es sich „in Gottes Namen“ gut gehen lassen und „in Gottes Namen“ die ausgebeuteten Armen klein halten, denen muss er jetzt – in aller Öffentlichkeit des Pilgerfestes – Gottes Widerspruch zeigen! Selbst wenn es ihn das Leben kostet. In Gottes Namen!

Und die jubelnden Leute hier mit ihren grünen Zweigen,

die sie zu seiner Verehrung schwenken – blauäugig wie sie sind – sie werden ihn im Regen stehen lassen, wenn’s drauf ankommt. So inszenieren sie seine Ankunft beim Pilgerfest zu einem großartigen Einzug. Sie sind nicht zu unterscheiden von denen, die ein paar Tage später – aufgestachelt von einflussreichen Stimmungsmachern – schreien werden: „Ans Kreuz mit ihm!“

Nicht einfach. Wahrlich nicht. Für den, der kommt, um Gottes Liebe zu allen Menschen zum Durchbruch zu verhelfen!

Worum geht es dem, der als König ganz anderer Art kommen will? Dazu ist für diesen Palmsonntag als

1. Schrift-Lesung

ein Abschnitt aus dem Buch Jesája (50, 4–7) vorgesehen:

Gott, der Herr, gab mir die Zunge von Schülern,
damit ich verstehe, die Müden zu stärken
durch ein aufmunterndes Wort.
Jeden Morgen weckt er mein Ohr,
damit ich höre, wie Schüler hören.
Gott, der Herr, hat mir das Ohr geöffnet.
Ich aber wehrte mich nicht
und wich nicht zurück.
Ich hielt meinen Rücken denen hin,
die mich schlugen,
und meine Wange denen,
die mir den Bart ausrissen.
Mein Gesicht verbarg ich nicht
vor Schmähungen und Speichel.
Und Gott, der Herr, wird mir helfen;
darum werde ich nicht in Schande enden.
Deshalb mache ich mein Gesicht hart
wie einen Kiesel;
ich weiß, dass ich nicht in Schande gerate.

Drittes Lied vom sogenannten „Gottesknecht“. Christlicher Glaube hat schon immer dieses uralte Lied aus dem Jesaja-Buch auf Jesus bezogen. Die Frage, mit welcher inneren Einstellung Jesus seinen Weg gegangen ist, findet darin eine Antwort:
Er sieht sich inmitten von „Schülern“. In Gottes Auftrag. Einer von denen, die das Leben lernen. Er lernt von Gott, zu sprechen und zu hören wie sie. Er erlebt: Er wird geschlagen, angespuckt, niedergemacht. Er lernt. So ist das Leben derer, unter die er geschickt ist. Er lässt es an sich geschehen. Er ist einer von ihnen.

Später werden sie das „Solidarität“ nennen.

Und warum hält er das aus?

Er „weiß“, dass Gott ihn nicht im Stich lässt. Es bleibt nicht bei der ihm zugefügten „Schande“. Er ist sich sicher: Gott wird ihm heraushelfen und seine Solidarität wird nicht umsonst bleiben!

Der Antwortpsalm nach dem Gottesknecht-Lied

bestätigt diese Einstellung. Das Evangelium, das die Passion von Jesus erzählen wird, zitiert zum Teil wörtlich den Psalm:
Psalm 22

Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!
Alle, die mich sehen, verlachen mich,
verziehen die Lippen, schütteln den Kopf …
Sie durchbohren mir Hände und Füße …
Sie verteilen unter sich meine Kleider
und werfen das Los um mein Gewand.
Du aber, Herr, halte dich nicht fern!
Du, meine Stärke, eile mir zu Hilfe! …
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!

Warum?!

Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus
an die Gemeinde in Philíppi.

Christus Jesus war Gott gleich,
hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein,
sondern er entäußerte sich
und wurde wie ein Sklave
und den Menschen gleich.
Sein Leben war das eines Menschen;
er erniedrigte sich
und war gehorsam bis zum Tod,
bis zum Tod am Kreuz.
Darum hat ihn Gott über alle erhöht
und ihm den Namen verliehen,
der größer ist als alle Namen,
damit alle im Himmel,
auf der Erde und unter der Erde
ihr Knie beugen vor dem Namen Jesu
und jeder Mund bekennt:
„Jesus Christus ist der Herr“ –
zur Ehre Gottes, des Vaters.

Ruf vor der Passion

Christus Sieger, Christus König, Christus Herr in Ewigkeit!

Vers: vgl. Phil 2, 8b–9

Christus war für uns gehorsam bis zum Tod,
bis zum Tod am Kreuz.

Darum hat ihn Gott über alle erhöht
und ihm den Namen verliehen,
der größer ist als alle Namen.

Christus Sieger, Christus König, Christus Herr in Ewigkeit!

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