Blogbeitrag

Misereor-Hungertuch 1992

Jetzt ist er da

4. Januar 2024

Festbotschaft von der Erscheinung des Herrn 
zum Sonntag der Taufe von Jesus im Jordan (Lesejahr B).

Welche Person hat im vergangenen Jahr die Welt am meisten beschäftigt? Und wer wird im Jahr 2024 die Welt am meisten beschäftigen?

Was heißt hier „die Welt“?

Wer einen Menschen kennenlernt und sich mit ihm entscheidet, das weitere Leben in Liebe und Partnerschaft miteinander zu teilen, in dessen aktueller Welt spielt diese Person die entscheidende Rolle.

Und das neugeborene Kind beschäftigt sich mit sich selbst und der Mutter, mit der es noch ganz eins ist.

Wenn jemand im beruflichen Werdegang einer bestimmten Person eine glückliche Weichenstellung verdankt, ist sie es vielleicht, die ihn am meisten beschäftigt.

Wer sich und seine Welt bewusst in einer Beziehung zum politischen Geschehen erlebt, den beschäftigen möglicherweise Christian Lindner oder Sarah Wagenknecht am meisten oder auch Putin oder Trump …

Und was heißt hier „beschäftigen“? „Wer wird die Welt am meisten beschäftigen?“

Manchmal sind es Sorgen, Befürchtungen, Ängste, mit denen eine Person mich beschäftigt. Und manchmal beschäftigen mich neue Ideen, Hoffnungen, Fragen, die jemand mir auslöst. Oder auch Impulse, die mich sehr konkret beschäftigen und meine Zeit und Energie binden.

Und manchmal merke ich es nur in Träumen, dass überhaupt jemand mich beschäftigt.

Und da grätscht sich die Bibel dazwischen. Genauer gesagt: Gleich zur Sache kommt da von Anfang an das Markus-Evangelium; noch genauer gesagt: die Menschen, die zur Entstehung dieses ältesten der Evangelien beigetragen haben, und die, die es weiter überliefert und in die Bibel aufgenommen haben. Eigentlich also Gottes eigener Geist, dem sie alle das zuschreiben, grätscht hier dazwischen in die Beschäftigung mit der Frage, wer im Jahr 2024 die Welt am meisten beschäftigen wird.

Ohne sich aufzuhalten mit Fragen zu Herkunft und Kindheit dieser Person beschreibt das Markus-Evangelium nur knapp Ort, Zeit und das Wesentliche des Geschehens und erzählt dann von Johannes dem Täufer:

Er verkündete:
Nach mir kommt einer, der ist stärker als ich;
ich bin es nicht wert, mich zu bücken
und ihm die Riemen der Sandalen zu lösen.
Ich habe euch mit Wasser getauft,
er aber wird euch mit dem Heiligen Geist taufen.
In jenen Tagen kam Jesus aus Nazaret in Galiläa
und ließ sich von Johannes im Jordan taufen.
Und sogleich, als er aus dem Wasser stieg,
sah er, dass der Himmel aufriss
und der Geist wie eine Taube auf ihn herabkam.
Und eine Stimme aus dem Himmel sprach:
Du bist mein geliebter Sohn,
an dir habe ich Wohlgefallen gefunden.
(Markus 1,7-11)

„Nach mir kommt einer …“, sagt der Täufer Johannes in der Wüste. Dort sind sie alle, hatte der Text davor gesagt:

Ganz Judäa und alle Einwohner Jerusalems zogen zu ihm hinaus; sie bekannten ihre Sünden und ließen sich im Jordan von ihm taufen.
(Markus 1,5)

Alle Welt ist da. Jedenfalls der Teil der Welt, der sich hat rufen lassen. Dorthin kommt Jesus. Er ist es, der sie alle beschäftigen wird.

Und so kommt er zur Welt – bezeugt von Johannes und bezeugt vom „Himmel“ selbst: „Du gefällst mir! Du, mein Sohn, mein geliebter!“

Er lässt sich von Johannes eintauchen. So wie alle, die sich zu den Sünden dieser Welt bekennen und sie nun im Wasser versenken und dann zur Umkehr wieder aus dem Wasser steigen.

Er reiht sich ein, fügt sich ein, macht sich gemein mit allen, die sich nach Veränderung sehnen und sie von Gott erhoffen. So wird er zum Anführer in die Umkehr zu einem neuen Leben. Das gefällt Gott.

Das feiert er mit uns; mit allen, die sich in diese neue Welt einfügen, damit sie zur Gegenwart wird. Jetzt wird er für sie alle zu der Person, die sie im neuen Jahr am meisten beschäftigen wird. Weil er bei ihnen zur Welt kommt und sichtbar erscheint. Zweiter Höhepunkt, zu dem diese Weihnachtszeit gipfelt. Zugleich Neustart in eine neue Zeit das Jahr hindurch.

Und wie nimmt das in dieser Welt Gestalt an?

Er rettet den Gebeugten, der um Hilfe schreit,
den Armen
und den, der keinen Helfer hat.
Er erbarmt sich des Gebeugten und Schwachen,
er rettet das Leben der Armen.
Alle Könige müssen ihm huldigen,
alle Völker ihm dienen.
(Psalm 72,11-13)

Mit solchen Versen fasst der Antwortpsalm vom Fest der Erscheinung des Herrn die Freude über diese Erfahrung in dankbare Worte.

Und die Erzählung von den Gelehrten aus dem fernen Osten aus dem 2. Kapitel des Matthäus-Evangeliums verdichtet das Gemeinte zur von Gott geschenkten Einsicht: Die Weisheit der Völker versammelt sich anbetend. Hier ist die wirklich unantastbare, heilige Gerechtigkeit. Dass alle sich ihr als prägender, bestimmender Kraft unterordnen, das ist die Zukunft und das Leben der Menschheit. Die Begrenzung auf das Gottesvolk Israel ist jetzt gesprengt. Dass Gott in Jesus sich zeigt, sinnenhaft und sozial wahrnehmbar erscheint und handelt und den Weg in die Zukunft vorangeht, das erkennen sie jetzt in allen Völkern, wie Paulus an die Gemeinde in Ephesus schreibt:

… nämlich dass sie Miterben sind …
und teilhaben an der Verheißung …
(Epheser 3,6 – aus 2. Lesung an Erscheinung des Herrn)

Und im Jahr 1948 nach Christus werden sie das dann dokumentieren als Charta von Menschenwürde und Menschenrechten, der sich die Vereinten Nationen unterwerfen. Als Programm jedenfalls schon mal. Da können alle, die Jesus Christus als den Ausgangspunkt dieses Weges im Blick behalten, nur voller großer Freude ihn als den herrlich-göttlichen Herrn feiern und immer wieder für alle Augenblicke von ihm neu Wegweisung beziehen.

„Heute“ – so besingt es die Liturgie des Stundengebets – wird Jesus im Jordan getauft. Jetzt, da er sich einfügt in die Menschen und darin zu wirken anfängt, reißt der Himmel auf. Er macht die Menschen frei von der Sünde der Welt. „Heute“ wird mit ihm alles Wasser zu Wein. So erfreut er nicht nur die Hochzeitsgäste.

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