„KIRCHE IM BETRIEB“
Leitlinien für katholische Betriebs- und Arbeitnehmerseelsorge in Deutschland (2010)
… Kirche … muss solidarisch sein mit all jenen, die heute in Arbeit und Arbeitslosigkeit bedrängt, benachteiligt, gering geschätzt und verachtet werden. Solidarisch aber auch mit denen, die um eine gerechte und humane Arbeitswelt kämpfen. „Solidarität“ entspricht dem parteilichen, befreienden Gott der Bibel und setzt die Einlassung (Inkarnation) Jesu in unser Menschsein fort. „Solidarität“ ist daher eine Dimension des Glaubens.
Eine solche Kirche wird „prophetischer“, denn sie muss den Mut entwickeln, soziale Missstände, Unrechtssysteme und ihre Verursacher klar zu benennen, um mit vielen anderen Bündnispartnern zusammen Alternativen zu entwickeln.
Eine Kirche, die hingeht zu den Menschen und an ihrem Leben teilnimmt, wird auch „missionarischer“. Sie weckt das Interesse der Menschen für die Botschaft des Evangeliums. Sie reflektiert mit ihnen ihre Erfahrungen in Arbeit und Arbeitslosigkeit und fragt weiter nach dem Sinn des Lebens überhaupt. Sie schafft über Gruppen und Kreise ein Stück Geborgenheit. Das ist die Grunderfahrung von christlicher Gemeinde.
… sind wir davon überzeugt, dass die Kirche einen öffentlichen Auftrag besitzt: Sie „soll durch Wort und Tat allen Menschen die frohe und befreiende Botschaft von Gottes Gegenwart mitten in unserem Leben und in unserer Geschichte bezeugen.“ Deshalb gehört die Präsenz in der Gesellschaft … unabdingbar zum „Kerngeschäft“ der Kirche: „Ein weltloses Heil könnte nur eine heillose Welt zur Folge haben. Der Einsatz für Menschenwürde und Menschenrechte, für Gerechtigkeit und Solidarität ist für die Kirche konstitutiv und eine Verpflichtung, die aus ihrem Glauben an Gottes Solidarität mit den Menschen und aus ihrer Sendung, Zeichen und Werkzeug der Einheit und des Friedens in der Welt zu sein, erwächst.“
(Zitat aus dem Wirtschafts- und Sozial-Wort der Kirchen 1997, Ziff. 100 und 101)
… Die Kirche ist nicht das „Reich Gottes“, aber sie ist in ihrem Zeugnis, ihrer Verkündigung, ihrem Handeln dafür verantwortlich, dass Menschen einen Schimmer des „Reiches Gottes“ erfahren dürfen, … „Reich Gottes“ heißt: Eine andere Welt ist möglich als jene, die im entfesselten Kapitalismus Menschen und Nationen ausgrenzt, sie auch am Arbeitsplatz gegeneinander aufbringt und nur noch dem Profit weniger dient.
Um diese Welt dem „Reich Gottes“ näher zu bringen, muss Kirche in all ihren Gliedern sich einlassen als „Kirche in der Welt von heute“ 5. Dieses neue Kirchenbild, das viele immer noch nicht wahrhaben und leben wollen, aktualisiert die jesuanischen Bilder vom „Salz“ (Mt 5,13) und vom „Sauerteig“ (Mt 13,33) … Diese Gleichnisse Jesu verraten etwas von der subversiven Kraft seiner frohen Botschaft. „Kirche in der Welt von heute“ muss um der Menschen und um Gottes willen politisch werden. Je „mystischer“, das heißt, je mehr wir in Gott verankert sind, desto politischer dürfen und müssen wir werden. …