Blogbeitrag

Darauf könnt ihr euch verlassen!

7. August 2022

Predigt in der Eucharistiefeier in Heilig-Kreuz Frankfurt-Bergen-Enkheim am 7. August 2022, dem 19. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C) nach den Lesungen aus Weisheit 18,6-9, Hebräer 11,1-2.8-12 und Lukas 12,32-40

 

Worauf will Jesus mit diesen Worten hinaus? „Fürchte dich nicht, du kleine Herde!“, hatte er angefangen. Wovor fürchten sie sich denn?

Der kurze Abschnitt, den wir aus dem Evangelium gehört haben, steht in einem größeren Zusammenhang: Jesus redet mit den Jüngern über die Sorgen, die sie sich ums Leben machen. Worum sie sich kümmern, fokussieren sie um Essen und Trinken, um Klamotten und um ihre Gesundheit, um die steigenden Preise und um die Gasversorgung – um alles Mögliche, was ihnen wichtig und wertvoll ist.

Ihm aber geht es ums Ganze, mit dem all das im Zusammenhang steht, um einen noch viel größeren „Schatz“. Also sagt er:

„Euer Vater weiß, dass ihr das braucht.
Vielmehr sucht sein Reich;
dann wird euch das andere dazugegeben.
Fürchte dich nicht, du kleine Herde!
Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben!“

Und dann haben wir gehört: Bestärkt euch gegenseitig, euch dafür bereit zu machen, damit es geschehen kann! Löst euch von dem, was euch und eure Zeit und eure Energie so sehr im Griff hat, dass ihr euch vor Veränderungen fürchtet! Bereitet euch schon mal vor und übt schon mal ein, was er euch bringt, wenn er mit seinem Reich kommt!

Und damit wir uns besser vorstellen können, wie er das meint, erinnert er uns heute mit Hilfe der 1. Lesung an die ursprüngliche Nacht der Befreiung aus aller Angst und Sorgenfülle:

Israels Pascha-Nacht – noch in Unfreiheit und Sklaverei – gilt da als das Modell des Glaubens mitten im Elend:

Erinnert euch – so redet das alttestamentliche Buch der Weisheit den Menschen zu Herzen: damals den jüdischen Gläubigen in der Zeit um Jesus in der Gegend Ägyptens um Alexandria. Dort leben sie mitten in fremder Kultur, angepasst an Bräuche und gesellschaftliche Regeln, als Juden gerade so gelitten, aber immer weiter weg von Gott und seinen Verheißungen. Sie werden daran erinnert, wie verlässlich – in noch viel schlimmerer Situation – schon damals auch in Ägypten – wie verlässlich da Gott auf sie zukommt und ihnen die bevorstehende Befreiung ankündigt:

Hoffnungsvoll singend hatten sie das damals aufgegriffen – noch mitten im Elend! Im Vertrauen auf Gottes Zusage feiern sie und singen schon im Voraus ihre Loblieder und teilen miteinander sowohl ihre Güter als auch ihre Gefahren in umfassender Solidarität.

Es ist wie mit dem Fest der Verklärung, das wir an diesem Samstag gefeiert haben: Im Licht seines Endes in Tod und Auferstehung betrachtet, gehen den drei Männern auf dem Berg Tabor mit ihrem durch alle möglichen Sorgen und Ängsten verdunkelten Blick die Augen auf für das Herrliche, das Jesus mit seiner – auch für sie selber riskanten – Lebenshingabe zur Befreiung der Menschheit herbeiführt.

So beschreibt auch der Abschnitt aus dem Hebräerbrief, den wir als 2. Schriftlesung gehört haben, den „Glauben“, zu dem wir uns als Christen bekennen, als solche Festigkeit in der Hoffnung auf seine Verheißungen und als Bereitschaft, ihm schon vorauszugehen, und nennt dafür Abraham und Sara als Beispiele – und in der weiteren Fortsetzung noch viele andere. Durch ihren Glauben führen sie die Erfüllung von Gottes Verheißung herbei!

So sagt ja auch Jesus immer wieder zu Menschen, die sich von ihm haben heilen oder irgendwie befreien lassen: „Dein Glaube hat dich gerettet!“

Ob Jesus wohl uns Menschen von heute Mut machen kann mit seinem erinnernden Wort „Euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben!“?

Loblieder der Väter singen ja auch wir schon im Voraus: Wenn wir uns zur Eucharistie versammeln, singen wir das Gloria schon am Anfang der Feier – und das Halleluja, schon bevor das Evangelium verkündet wird. In Vorfreude? Weil wir vertrauen, glauben, hoffen?

Die Feier des Glaubens in der Pascha-Nacht mit dem Blut des Lammes wird uns jetzt zur Feier der Befreiung durch die Lebenshingabe von Jesus! Und Glaubende feiern im Voraus, weil sie der Zusage der Befreiung trauen!

Ob die Bibel bei uns heute die angestrebte Überzeugungskraft entfalten kann? Im Evangelium geht es ja um die Frage nach unserem Vertrauen, wieviel prägende Kraft wir Gottes Menschenliebe in unserer Lebensweise einräumen – trotz der Schwäche, die wir nach unserer Einschätzung als Kirche aufweisen, und trotz der Macht uns beherrschender Lebensbedingungen.

Wenn wir mehr voneinander wissen, wer alles außer mir auch eine – noch so schwache – Hoffnung auf das Reich Gottes aufbringt, dann hat auch Gott es leichter, seine Zusagen wahr zu machen. Wo Menschen einander solidarisch bestärken, mit hoffendem Herzen in die neue Zukunft aufzubrechen, wird solcher Glaube zur Verwirklichung der Zusage: „Euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben!“

Evangelium unseres Herrn Jesus Christus!

(Rainer Petrak)

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