Blogbeitrag

Ein Weg – damit Ostern wird

13. Februar 2015

aus dem gleichnamigen Buch von Rainer Petrak (aus der Reihe „Den Retter-Gott ranlassen“)

Aschermittwoch

Vertrocknet sind die Jubelzweige vom Palmsonntag des letzten Jahres. Also werden sie von den Kreuzen in Wohnzimmern, in Versammlungs- und Büroräumen abgenommen und zu Asche verbrannt. Ausgetrocknet ist auch so manche Begeisterung und Energie des Glaubens – beim einzelnen Menschen wie bei den Gemeinden. Da gab es zu wenig Nährstoffe und zu viel Anderes. Es muss ja nicht gleich um einen „Systemabsturz“ gehen, aber geholfen hat schon in vielen Lebenslagen ein „Neustart“. Da stellen sich viele Fragen, die stabil und zuverlässig beantwortet sein wollen – so, dass ich mir, meiner eigenen Person gerecht werde. Es geht schließlich um das Fundament meines Lebens. – Das Jesus-Programm bietet sich an.

Aber: Der Weg, den Jesus geht, ist zwar faszinierend und voller Lebendigkeit. Auf der anderen Seite bringt ihm das den tödlichen Konflikt ein. Seine belebende Kraft und die mächtigen beharrenden Kräfte der Gesellschaft vertragen sich nicht. Und die mit ihm gehen, – auch für sie ist das ein riskanter Weg. Kann das mein Weg sein? – In der persönlichen Beziehung zu Jesus und in der von seinem Geist belebten Gemeinschaft kann Klarheit wachsen, dass ich vertrauend und versöhnt „Ja“ sage zum Weg mit ihm und dass ich höre: „Steh auf, hab keine Angst!“

Der Kern der Botschaft wird immer klarer – für die, die sich der Begegnung mit Jesus stellen und in ihm Gott erahnen: Er rettet! Persönliche Geschichte wie Weltgeschichte werden jetzt mit ihm zur Rettungs-Geschichte. – Wie stehe ich dazu? Und dazu, „wir“ könnten der Ort sein, an dem er sich so erleben lässt?

Neu zu wissen, was ich tue und warum und inwieweit ich tatsächlich dahinter stehe – das mag helfen, der Gefahr zu begegnen, der man leicht unterliegen kann: der Gefahr der Verharmlosung oder der Gedankenlosigkeit und der bequemen Anpassung an das, was üblich und mehrheitsfähig ist; eben blind für die „Wirklichkeit“ zu bleiben und sich so die Auseinandersetzung zu ersparen. Aber die Begegnung mit Jesus Christus in Bibel und Gottesdienst, in der Gemeinschaft von Glaubenden, kann Motivation und Stärkung werden für die Auseinandersetzung mit Gegnern der Humanität, wie Gott sie meint.

Und dabei muss, wer den Weg mit Jesus gehen will, wissen: Da geht es um Gottes Alternative zum gesellschaftlich üblichen, all zu oft auch in der Kirche hoch gehaltenen Prinzip von „Gerechtigkeit“, die Lohn und Strafe nach „Verdienst“ zuteilt. Immer wieder braucht es Umkehr zu Gottes Art, wie er sich hinsichtlich Schuld und Vergebung in Jesus zeigt. Jedenfalls wenn wir zu unserer Taufe stehen und unser Weg in Richtung Ostern führen soll. Jesus selbst bringt dieser Konflikt ans Kreuz. Er löst Ärger aus bei all denen, die Machtregeln über alles stellen; die sich pseudo-fromm empören über seinen Glauben an einen Gott, der sich vor allem denen rettend zuwendet, die in „Sünde“, im „Grab“ leben.

Um solche Fragen geht es beim Christ-Sein: wogegen wir den Mund aufmachen und wofür wir uns einsetzen, woran wir glauben. Das ist die Dimension, in der die Erneuerung des Taufversprechens an Ostern gemeint ist. (…)

Ist das mein Weg?

Auf dem Weg zum Osterfest, in der sogenannten „Österlichen Bußzeit“, kann jeder Sonntag zu einer Etappe werden: neu klären und bestärken und voranbringen. Dabei bedeutet „Buße“ – so las ich bei Romano Guardini1 – so viel wie „sich dem öffnen, was von Gott her kommen will.“ Und was will mit Ostern kommen? Jesus will mit seinem Tod und seiner Auferstehung auf mein Leben einwirken. Mein Ja dazu ist gefragt.

Der 2. Sonntag auf diesem Weg: Noch 5 Wochen ist Zeit, Klarheit zu gewinnen für die Erneuerung des eigenen Taufbekenntnisses in der Feier der Osternacht – „Widersagt ihr? Glaubt ihr?“ – mit dem Wissen, was meinen Glauben antrifft und was auf meinen Widerspruch stößt; wogegen ich mich bekenne und wozu ich mich bekenne; welcher Angst ich nachgeben will und welcher Angst ich mich stelle.

Ja, wenn man das Leben als einen Weg versteht, immer wieder neu herausgerufen aus Vertrautem, gehört da eben immer auch Angst dazu. Weil ja alles Neue und alle Veränderung Angst macht. Ein Ärgernis! Noch dazu wenn man sich für einen Weg entschieden hat, der nicht der breite Weg der Mehrheit ist. Allerdings: Menschen, die sich für Gott, für Christus und für den Weg mit ihm entschieden haben, sollen zugleich gewiss sein dürfen: Gott klärt und wandelt solche Ängste, dieses Ärgernis – in ein wahrhaft erfülltes Leben.

… nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg. Und er wurde vor ihren Augen verwandelt; … Da erschienen plötzlich vor ihren Augen Mose und Elija und redeten mit Jesus. … und aus der Wolke rief eine Stimme: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören. … fasste sie an und sagte: Steht auf, habt keine Angst! … (Matthäus 17,1-9)

Was mit diesem Abschnitt aus dem Evangelium gesagt werden will, erschließt sich nur aus dem Zusammenhang:

Sie sind auf dem Weg nach Jerusalem – Jesus und seine Leute. Im Norden Israels, in Galiläa, hatten sie ihn kennen gelernt, und er faszinierte sie: Er hatte Menschen geheilt, die unter allem Möglichen zu leiden hatten. Und er hatte dazu verkündet: „So sieht das Reich Gottes aus! Und das soll sich jetzt überallhin ausbreiten!“ So war er selber zu Gottes Evangelium für die Menschen geworden. Und die ihre Freude an ihm gefunden hatten, waren seine ersten Anhänger geworden.

Aber zugleich hatten sie erlebt: Schon in Galiläa waren Leute gegen ihn: die frommen Pharisäer; die Schriftgelehrten, die aus Jerusalem gekommen waren, um seine Rechtgläubigkeit zu überprüfen; und die Anhänger des Königs Herodes. Die Auseinandersetzung zwischen ihnen und Jesus lief schon in aller Schärfe: Seine Gegner hatten schon den Beschluss gefasst, Jesus umzubringen.

Und trotzdem war Jesus fest entschlossen, nach Jerusalem zu gehen – in die Zentrale der Schriftgelehrten, an den Sitz des Königs Herodes – in die Höhle des Löwen. Diesen einflussreichen Menschen, die dagegen waren, dass Jesus den leidenden Menschen von Gott her Heilung brachte, die durften einfach nicht die Oberhand behalten! Denen anderes wichtiger war als die Befreiung der Menschen von ihren Leiden, denen musste Jesus entgegen treten – in Gottes Namen! Das war einfach sein „Ding“! Und Jesus war klar: Es ist Gottes Wille, dass er diesen riskanten Weg nach Jerusalem geht.

Seine Jünger, die Freunde, die mit ihm gingen, waren gemeinsam mit ihm auf dem Weg. Das Ausmaß der Gefahr, die ihm und damit auch ihnen in Jerusalem drohte, merkten sie zuerst gar nicht richtig. Deswegen hat Jesus sie eines Tages offen darauf angesprochen. Sie sollten rechtzeitig wissen, wohin der Weg führt, auf dem sie da mit ihm gingen. Also sagte Jesus zu ihnen: Wir gehen nach Jerusalem. Dort werden sie mir viel Leid antun, ja mich töten. Aber nach drei Tagen werde ich auferstehen. Da schauten ihn die Jünger erschrocken an. Nein! rief Petrus entsetzt, das darf nicht sein! Die Perspektive des Kreuzes war ihm ein Ärgernis. Aber Jesus wurde sehr ernst: Es muss so sein; Gott will es. (vgl. Matthäus 16,21-23) Sie hatten Angst vor dem, was da in Jerusalem auf Jesus und auf sie selber zukommen würde. Zu solchen Plänen Gottes konnten sie nicht versöhnt Ja sagen.

Vorab schon hatte Jesus deshalb zu allen gesagt: Wer den Weg mit mir gehen will, der soll sich gut überlegen, was er mit seinem Leben will und wofür und wogegen er steht – wozu er Ja und wozu er Nein sagt. (vgl. Matthäus 16,24-25) Wer allerdings sich für ihn entscheiden würde und für eine Teilnahme an seiner Lebensweise, der dürfe sicher sein, mehr als ein reich erfülltes Leben zu finden. Er selber werde ja drei Tage nach seiner Tötung auferstehen. Mit dem Wort von der Auferstehung konnten sie aber damals noch nichts anfangen. (vgl. Markus 9,32)

Zweifel blieben, ob dieser riskante Lebensweg wirklich ihre Sache ist. Unsicherheit blieb, ob sie dieser Art von „Gottes Reich“ und den damit verbundenen großen Zusagen von Gottes Menschenliebe trauen können. Ihre Angst blieb ihnen. Trotzdem gingen sie weiter mit Jesus.

Und ein paar Tage später geschah dann auf dem Berg, was dieser Abschnitt aus dem Evangelium erzählt. Sicher wollte Jesus damit seinen Jüngern mehr Klarheit in ihre Angst bringen. So nimmt er schon mal drei von ihnen beiseite für eine eigene gemeinsame Zeit mit ihnen. Vielleicht meint Jesus, diesen dreien kann er es schon am ehesten zutrauen, dass sie trotz ihrer Angst dem Weg mit Jesus ehrlich zustimmen – und zu wissen, warum sie das tun.

Was diese drei da mit Jesus erleben, das soll auch uns heutigen Menschen gerade für die Wegstrecken, die uns Angst machen, das Evangelium dieser Sonntags-Etappe sein: Statt der schwarzen, bedrohlichen Wolke, durch die hindurch sie erst einmal nur den Weg nach Jerusalem sehen können, – eben in schwarz – , lässt Jesus sie das Ganze im Licht der Bibel neu betrachten:

Mose und Elija. Deren Lebenswege waren den Jüngern von Jesus sehr wohl vertraut, und da gab es deutliche Ähnlichkeiten mit diesem Weg nach Jerusalem:

Ja, von Mose und Elija her, von Gesetz und Propheten – von der Bibel her – neu beleuchtet, erkennen die Jünger von Jesus auf dem Berg der Verklärung blitzartig das Herrliche, das Gott gerade auf diesem Weg für die ganze Menschheit in die Wege leitet. So lassen sie sich mit Gott und seinen Plänen versöhnen. – Vorläufig!

Die Brille der Angst einen Augenblick lang abgenommen – das ergibt eine ganz neue Sicht: Klarheit. Licht. Verklärung. Klarheit für alle Kreuz-, Leidens- und Todeswege. Klarheit besonders für alle Menschen, die – wie Abraham – ihre Sicherheiten verlassen und ausziehen, um mit Jesus Gottes Heils-Willen für die Menschen zu erfüllen.

Das will Gott uns heute mit diesem Evangelium sagen. Schon Papst Leo der Große im 5. Jahrhundert sagte: „Bei dieser Verklärung ging es vor allem darum, das Ärgernis des Kreuzes aus dem Herzen der Jünger zu nehmen.“ 2

Gott möchte uns gerne beistehen, dass wir in den verbleibenden 5 Wochen bis zur Erneuerung unseres Taufbekenntnisses in der Feier der Osternacht wieder neue Klarheit finden: welcher Angst wir ausweichen wollen oder nicht; wofür wir sind und wofür nicht; wogegen wir uns bekennen und wozu wir uns bekennen; was auf unsern Widerspruch stößt und was unsern Glauben antrifft. – Dieser Weg mit ihm: Kann ich das? Will ich das?

Er möchte so gerne, dass wir seiner Einladung wirklich trauen, dass wir uns vertrauend und versöhnt „dem öffnen, was (da) von Gott her kommen will“ (Guardini) und dass wir unser Ja erneuern zum Weg mit ihm durch das Leben – im frohen Bewusstsein: Das ist mein „Ding“, mein Weg in ein immer erfüllteres Leben!

„Auf ihn sollt ihr hören!“

„Steht auf, habt keine Angst!“

Gründonnerstag: Ja, ihn lass ich mir gern gefallen!

Bei jenem Pascha-Mahl, beim letzten Abendmahl von Jesus mit seinen Leuten, wusste er, dass „seine Stunde gekommen“ war. Der Inbegriff alles dessen, was er bis dahin an Erfahrungen und Einsichten unter die Leute gebracht hat und was jetzt, auf die Spitze getrieben, zum Ende gebracht werden muss, das steht ihm in voller Klarheit vor Augen.

Aber sie? Diese Situation des Abschieds ist die letzte Chance, ihnen deutlich zu machen, worum es ihm bei allem gegangen ist und geht – bei seinem konsequenten Weg, der ihn schließlich das Leben kostet. „Begreift ihr, was ich an euch getan habe?“

Begreife ich, was er an mir getan hat? Was hat er uns denn angetan? Viele Menschen bis heute spüren da nur ein schlechtes Gewissen.

Also wäscht er ihnen die Füße. Petrus aber will nicht: „Niemals sollst du mir die Füße waschen!“ Wir haben dir zu dienen, aber du doch nicht uns!

Petrus hat noch nicht begriffen. Es galt halt damals schon als selbstverständlich: Wenn man es mit Gott zu tun bekommt, hat man demütig zu sein, hat man ihm zu dienen und zu tun, was er von einem verlangt, also ihm zu gehorchen; was er vormacht, ihm nachzumachen – möglichst perfekt. Daher das schlechte Gewissen – und das schale Gefühl zu wissen: Das funktioniert nie!

„Dann hast du keinen Anteil an mir“, sagt Jesus zu Petrus. Wenn du mich nicht an dich ran lässt mit meiner Liebe, mit der ich dir und deinem Leben dienen will, dann …

Und ich – wenn es denn möglich sein soll, dass ich so was erleben kann – lasse ich es mir gefallen, dass nicht ich ihm einen guten Dienst tun soll, sondern dass er mir dient – das heißt in den damaligen Gegebenheiten der Antike: dass er mir dient wie ein Sklave seinem Herrn und Meister? Gefällt mir das?

Wir – die Jünger von Jesus von damals samt Petrus, ebenso wie wir Christen von heute – wir sind zu schnell dabei, es ihm nachmachen zu wollen: Er hat uns doch schließlich auch dazu berufen, ihm nachzufolgen!

Aber wir vernachlässigen dabei die zu beachtende Reihenfolge der Schritte:

Nach dem, was Jesus hier sagt, ist als erster Schritt am wichtigsten zu nehmen: mir den Dienst des „Meisters“ gefallen lassen; es annehmen – zutiefst staunend und „selig“ froh – , dass er mir „die Füße wäscht“. Wenn ich das überspringe, kann’s nix werden mit der Gemeinschaft mit ihm!

Da kommt in Jesus Gott selber mit einem Riesen-Geschenk, das vom Beschenkten – freudig und zu dessen Nutzen – angenommen werden will, aber der hat die Hände voll mit einer Gegengabe, die er zuerst einmal los werden will, weil er ja ihm – vielleicht pflichtgemäß – etwas Gutes antun will. Weil er sein will und es tun will wie der Schenkende? Oder vielleicht weil er sonst das Geschenk (!) nicht verdient (?) habe, dessen „nicht würdig“ wäre??? – Immerhin – was Gott in Jesus dem Menschen bringt, nennt die Glaubensüberlieferung seit der Bibel bis heute „Gnade“, also (lateinisch) „gratia“. Und „in der Weise einer Gratia“ heißt „gratis“! Das muss doch erst mal ankommen können, wirken können!

„Mit Begierde und in Freude“ erst mal an mich ranlassen, bei mir richtig und wirklich ankommen lassen: diesen Weg, den Jesus ans Kreuz gegangen ist; die Dynamik, die in seinem Tod gipfelt, auf mein Leben, auf mich selbst einwirken lassen: „Begreifst du, was ich an dir getan habe?“ Darin besteht mein Ja – ganzheitlich, über alle Worte hinaus.

Und was darin ist eigentlich das Wunderbare? Wofür hat Jesus für den Menschen, für mich gekämpft, so dass er schließlich von den Gegnern im Konflikt umgebracht wurde? Was war ihm da so wertvoll und wichtig, dass er bereit war, dafür mit dem Tod am Kreuz zu bezahlen?

Zusammengefasst kann man es sicher so sagen: Was er von Gott und dessen „Reich“ ausgerichtet, verkündet, erklärt, verfügt, verkörpert, … hat: Der Wert des Menschen misst sich nicht. Weder an dem, was er leistet, noch an dem, was er sich geleistet hat oder was er sich leisten kann. Weder moralisch oder religiös noch wirtschaftlich oder materiell. Höchstleistung erhöht seinen Wert ebenso wenig, wie das Niedrigste, das einer sich geleistet hat, seinen Wert mindert. Sondern: Meinen Wert, meine königliche Würde habe ich dadurch, dass Gott mich als sein Ebenbild geschaffen hat. Und dadurch, dass er sich danach sehnt, alle Verletzungen meines Wertes so gut und so schnell wie möglich wieder heilen zu können. Einfach weil er mich liebt. Es gefällt dir, Gott, Jesus, einfach, für mich da zu sein und mir gut zu tun, mir Gutes zu tun! Selbst wenn du dabei „drauf gehst“!

„Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat.“ (Johannes 3,16)

Und diese Liebe Gottes zu mir erst mal ausgiebig zu genießen, das ist der erste Schritt, der nicht übergangen werden darf! Fußwaschung!

Wer immer das Bewusstsein hat, sich seinen Wert, seine Wichtigkeit selbst erarbeitet und die Anerkennung seiner Position verdient zu haben, der muss natürlich mit aller Kraft gegen eine solche Einstellung zum Leben, zu der Jesus bewegt, protestieren und sie bekämpfen. Er riskiert ja, wenn so ein Prinzip sich durchsetzt, alles zu verlieren, was ihm sein „Leben“ geworden ist. Geradezu tragisch wird es, wenn er im Erfolg für seine Mühen Gottes Lohn zu erkennen meint, angesichts des Leidens aber, das Jesus um der Menschen willen auf sich nimmt, mit dem Gott konfrontiert wird, der vor jeder Mühe und ohne jedes Verdienst den Menschen liebt: Der kann dann nur verzweifeln (wie Judas?) oder aber Jesus ans Kreuz bringen.

Dagegen wiederum: Wenn Jesus mir „die Füße wäscht“ und wenn ich das zulasse – also wenn ich mir seinen Dienst an mir gefallen lasse, kann ich an ihm Anteil bekommen, Gemeinschaft mit ihm haben. So – und nur so, sagt er – kann das, worum es geht, bei und an und in mir ankommen und wirken und fruchtbar werden. So kann ich von ihm das bekommen und heil werden, glücklich werden in ihm. Er – er als Brot und Wein – will gegessen werden, getrunken werden, will Hunger und Durst stillen und dabei genossen werden, Freude bringen. Da ist die zentrale Frage: Lasse ich mir das gefallen? Lasse ich mir ihn gefallen?

Und wenn er mir dann die Füße gewaschen hat und mich die große Freude daran erfüllt, so dass ich davon überlaufe; und wenn die Dynamik dieser Liebe dann einfach in mir einen weiteren Ausgangspunkt gefunden hat und danach drängt, aus mir heraus weiter auszustrahlen und zu wirken, dann … – dann, also in der Reihenfolge danach – eröffnet sich eine neue Blickrichtung:

„Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.“

1 Romano Guardini (+ 1968), Der Herr – gemäß 2. Lesung der Lesehore zum Fest der Taufe Christi / Jahr II (Lektionar zum Stundenbuch, Heft II/1, Seite 216

2 Leo der Große (+ 461), Aus einer Predigt in der Fastenzeit – gemäß 2. Lesung der Lesehore zum 2. Sonntag in der Fastenzeit / Jahr II (Lektionar zum Stundenbuch, Heft II/2, Seite 58)

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