Blogbeitrag

Bild von DEZALB auf Pixabay - Sacré-Coeur in Paris

Herzensanliegen?

9. Juni 2021

„Sonntags“-Botschaft zum 11. Juni 2021, dem Herz-Jesu-Fest im Lesejahr B  

„Herz Jesu“. Ich mag nicht diese lateinische Deklination von Namen in der deutschen Kirchensprache. Dieser Tage hörte ich einen stolzen Vater sagen: „Marias Geburt verlief völlig problemlos.“ Aber wenn es um die Mutter von Jesus geht, reden alle von „Mariä Geburt“, und das Fest ihrer Aufnahme in den Himmel heißt „Mariä Himmelfahrt“. Die Geburt von Jesus wird zu „Jesu Geburt“ und sein Herz zum „Herz Jesu“.

Warum?

Den kirchlichen Festtag am 24. Juni nennen sie ja auch nicht „Johannis Geburt“, sondern sie sprechen von der „Geburt Johannes des Täufers“, obwohl der alte Volksmund für den letzten Tag der Spargelsaison sehr wohl die Bezeichnung „Johannistag“ kennt.

Woher der Unterschied?

Eigentlich egal, denn viel wichtiger ist, wie diese lateinische Redensart in der alltäglichen Kommunikation wirkt: aufgesetzt, gekünstelt. Man kann damit zeigen, inwieweit man der lateinischen Grammatik mächtig ist.

Ich weiß allerdings: Auch in meiner Sprache heißt der 40. Tag der Osterzeit „Christi Himmelfahrt“. Aber wie ich es sage: Er heißt so. Und mit diesem Ausdruck, der deutsche Sprache mit lateinischer Grammatik verbindet, bezeichne ich nur den bestimmten Tag, der halt so heißt. Aber wenn ich von dem Ereignis rede, das mir in meinem Glauben wichtig ist und das ich mit anderen zusammen an diesem Tag feiern will, dann spreche ich von der „Himmelfahrt von Christus“ oder von der „Himmelfahrt des Herrn“. Nach Duden-Regeln korrekt wäre auch „Christus‘ Himmelfahrt“ – so wie „Andreas‘ Geburtstag“.

So kann der Verdacht aufkommen, dass es bei dem Ausdruck „Herz Jesu“ häufig gar nicht um ein relevantes Thema geht, sondern um eine eigentlich inhalts-unabhängige Benennung eines Tages oder einfach um den Namen einer Art „blackbox“ mit einem nicht weiter für wichtig gehaltenen Inhalt.

Pius IX. führte das Herz-Jesu-Fest nach einer seit dem ausgehenden Mittelalter immer wieder auflebenden Bewegung 1856 für die gesamte Kirche ein. Was davon lebt heute – und wie – bei uns?

Meistens gibt es in Gottesdiensten am Herz-Jesu-Fest zwei Elemente, die vom üblichen Ablauf abweichen:

  • nach dem Kommunionempfang die sogenannte „eucharistische Anbetung“ vor dem den Blicken „ausgesetzten Allerheiligsten“ mit Wechselgebeten und Stille
  • und der Schlusssegen in Form der Segnung mit dem Brot der Eucharistie, das in der Monstranz gezeigt wird, also dem sogenannten „sakramentalen – oder eucharistischen – Segen“.

Was von dem mit dem Titel „Herz Jesu“ gemeinten Festinhalt kann in diesen Elementen so deutlich werden, dass viele sie einfach als dazugehörig empfinden?

Die Gebetstexte an diesem Festtag rühmen Gott wegen seiner Liebe und freuen sich an seinem Herzen für die Menschen, das in Jesus leibhaftig in diese Welt gekommen ist, um hier zu wirken.

Ein entsprechendes Lied, in dem dieses Motiv in klaren Worten und mit nüchtern-inniger Melodie zum Ausdruck kommt, ist aus dem GOTTESLOB von 1975 leider nicht in den Stammteil der Neuausgabe von 2013 übernommen worden. Der Eigenteil der Diözese Limburg aber stellt es weiterhin bereit:

„Alles Leben ist dunkel“, Nummer 803. Der Text aus dem Jahr 1971 von Maria Luise Thurmair besingt es: „Gott hat ein Herz für den Menschen. Jesus ist dieses Herz.“

Am Herz-Jesu-Fest im aktuellen Lesejahr B erzählt der als Evangelium vorgesehene Abschnitt aus dem Johannes-Evangelium von dem Lanzenstoß des Soldaten in die Seite des bereits toten Jesus am Kreuz:

Weil Rüsttag war
und die Körper während des Sabbats
nicht am Kreuz bleiben sollten …,
baten die Juden Pilatus,
man möge ihnen die Beine zerschlagen
und sie dann abnehmen.
Also kamen die Soldaten
und zerschlugen dem ersten die Beine,
dann dem andern,
der mit ihm gekreuzigt worden war.
Als sie aber zu Jesus kamen
und sahen, dass er schon tot war,
zerschlugen sie ihm die Beine nicht,
sondern einer der Soldaten
stieß mit der Lanze in seine Seite
und sogleich floss Blut und Wasser heraus. …
Das ist geschehen,
damit sich das Schriftwort erfüllte:
Man soll an ihm kein Gebein zerbrechen.

Und ein anderes Schriftwort sagt:
Sie werden auf den blicken,
den sie durchbohrt haben.
(Johannes 19,31-34.36-37)

Dieses biblische Motiv ist auch der Ursprung für die bildliche Darstellung, die besonders in der Romantik des 19. Jahrhunderts und teils bis heute weite Verbreitung fand.

In den beiden anderen Lesejahren geht es im Evangelium um Gottes liebevolle Zuwendung, die Jesus die Menschen erleben lässt:

  • mit seinem Wort „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken.“ (Matthäus 11,28)
  • und mit dem Gleichnis vom verlorenen Schaf, das wiederzufinden, der Himmel sich mehr freut als über 99, die immer dageblieben waren (Lukas 15,3-7).

Die anderen Schriftlesungen unterstreichen alle Gottes leidenschaftliche Liebe zu allen Menschen.

Im Zuge der Sanierung und Neugestaltung der Herz-Jesu-Kirche in Frankfurt-Fechenheim 1984/85 stand nun die Frage im Raum, wie in den freigelegten Chorraumfenstern das Herz-Jesu-Motiv dargestellt werden könnte, ohne auf das romantische „Vor-Bild“ zurückzugreifen.

Nach gemeinsamen Überlegungen schuf die Künstlerin Margarethe Keith-Grell dieses wunderbare Triptychon.

Anlässlich einer örtlichen Feier der Gemeinde im Jahr 2001 fragte der ehemalige Stadtdekan Klaus Greef in seiner Predigt, inwieweit denn Gottes grenzenlose Liebe – das „Herz Jesu“ – nicht nur Name der Gemeinde sei, sondern in ihr auch seine Verwirklichung finde:

„Auf Ihren Kirchenfenstern ist ja ein Netzwerk dargestellt, ein Netzwerk, das von Christus, dem Gekreuzigten und Auferstandenen ausgeht. … Christus möchte eben auch Sie als Gemeinde, als geschwisterliche Gemeinde immer mehr vernetzen … damit auch Sie dann selbst stets von neuem Netze auswerfen und die Liebe Gottes weiterschenken.“

Und er meinte:

„… dass Ihnen … in dieser Hinsicht viel Gutes gelungen ist – und zwar, so möchte ich sagen, in der Liebe des Herzens Jesu, dessen Impulse Sie hier vom Altar immer wieder empfangen – vor diesen wegweisenden Kirchenfenstern, die Sie immer wieder sehen …“

Menschen versammeln, die sich aus Freude an ihm dann senden lassen, um Gottes Liebe mit anderen zu teilen, – so kann man wahrscheinlich gut charakterisieren, zu welcher Lebendigkeit der Herzschlag von Jesus den Organismus der Gemeinde anregen will. In einschlägigen Bibeltexten klingt das so:

Spruch des HERRN:
Ich habe meine Weisung in ihre Mitte gegeben
und werde sie auf ihr Herz schreiben.
Ich werde ihnen Gott sein und sie werden mir Volk sein.
Keiner wird mehr den andern belehren,
man wird nicht zueinander sagen: Erkennt den HERRN!,
denn sie alle, vom Kleinsten bis zum Größten,
werden mich erkennen –
Spruch des HERRN.
(Jeremia 31,33-34)

Oder:

Ich gebe euch ein neues Herz
und einen neuen Geist gebe ich in euer Inneres.
Ich beseitige das Herz von Stein aus eurem Fleisch
und gebe euch ein Herz von Fleisch.
(Ezechiel 36,26)

Wenn eine Eucharistiefeier an diesem Tag gut gelungen ist, liegt es wahrscheinlich nahe, nicht erst noch einmal die in der Feier bereits einverleibte Anbetung zu wiederholen, sondern sich gleich mit dem empfangenen Segen aus dieser Feier der gelebten Verwirklichung dessen zu widmen, wozu die Beteiligten sich jetzt neu gesendet wissen:

Gehet hin in Frieden!

Dank sei Gott, dem Herrn!

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