Blogbeitrag

verhinderte Ankunft (2022)

Immer noch nicht Advent

24. November 2022

Sonntagsbotschaft zum 27. November 2022, dem 1. Adventssonntag (Lesejahr A). 

Wann kommt endlich der Tag, an dem die Waffen schweigen – in der Ukraine, im Jemen, in Syrien, …! Wann kommt endlich der Tag, an dem die angeblich „vereinten“ Nationen sich wirklich darauf einigen, die Klimakatastrophe effektiv einzudämmen und den Lebensraum Erde nicht weiter zu zerstören! Wann kommt endlich der Tag, an dem die Würde und das Recht der Menschen mehr gelten als Wirtschaftswachstum und Profitmaximierung! Wann wird endlich Friede!

Die ganze Schöpfung seufzt. Das hat schon der Apostel Paulus so gesehen. Auf der Suche nach einer Lösung richtet sich dabei sein Blick auf die Menschen, die sich und ihr Leben wirklich an Gott orientieren. Da bemängelt er, dass man das an ihnen nicht deutlich genug erkennen kann, so dass an diesen nur verkniffen „Glaubenden“ nicht sichtbar wird, was das bringt: „Die Schöpfung wartet sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Söhne Gottes.“ (Römer 8,19)

Der Zukunftstraum von dem Volk, das an Gott wirklich glaubt und daraus lebt und so die Völker der Erde neugierig macht und ansteckt, – dieser Traum ist bereits in der alten Bibel des Volkes Israel ein zentrales Motiv, das im Buch des Propheten Jesaja besonders entfaltet wird.

Daraus genommen ist der erste Bibeltext für diesen Sonntag, mit dem ein neues Kirchenjahr beginnt – die Zeit des Advent, zu Deutsch: Zeit der Ankunft:

Das Wort,
das Jesaja, der Sohn des Amoz,
über Juda und Jerusalem geschaut hat.
Am Ende der Tage wird es geschehen:
Der Berg des Hauses des HERRN
steht fest gegründet als höchster der Berge;
er überragt alle Hügel.
Zu ihm strömen alle Nationen.
Viele Völker gehen und sagen:
Auf, wir ziehen hinauf zum Berg des HERRN
und zum Haus des Gottes Jakobs.
Er unterweise uns in seinen Wegen,
auf seinen Pfaden wollen wir gehen.
Denn von Zion zieht Weisung aus
und das Wort des HERRN von Jerusalem.
Er wird Recht schaffen zwischen den Nationen
und viele Völker zurechtweisen.
Dann werden sie
ihre Schwerter zu Pflugscharen umschmieden
und ihre Lanzen zu Winzermessern.
Sie erheben nicht das Schwert,
Nation gegen Nation,
und sie erlernen nicht mehr den Krieg.
Haus Jakob, auf,
wir wollen gehen im Licht des HERRN.
(Jesaja 2,1-5)

Diese Perspektive malt eine ganze Völkerwallfahrt, und das im Jesaja-Buch in dem ganz anderen Zusammenhang von Kriegen, von Unheil aller Art, das den Völkern droht. Aber hier ist von dem Tag die Rede, der sie alle eint: an dem sie scharenweise zusammenkommen, um in eine Zukunft für alle zu gehen – in gemeinsamer Ausrichtung an dem, dem sie Recht und Frieden für alle Völker zutrauen. Waffen braucht’s da nicht mehr; die werden recycelt zu landwirtschaftlichem Gerät.

Eine Vision, die auch der Prophet Micha überliefert (Micha 4,1-4) – Gottes Traum von einer wirklich menschlich lebenden Menschheit; eine Vision, die auch die schlimmsten kriegerischen und unmenschlichen Zeiten im alten Israel überdauert hat.

Und der Bibeltext, der diese Vision ausfaltet, schließt mit dem Aufruf an alle, die ihn lesen oder hören:

Haus Jakob, auf,
wir wollen gehen
im Licht des HERRN.

Wann kommt endlich dieser Tag, an dem das Miteinander derer, die sich am Gott der Bibel orientieren und die ihre Wege „im Licht des HERRN“ gehen, für alle Menschen offenbar zum Ort wird, an dem der verheißene Friede sich real herauskristallisiert!

Seltsamerweise hat sogar die Sowjetregierung in Gestalt einer Skulptur 1959 der UNO diese Vision ins Stammbuch geschrieben: Schwerter zu Pflugscharen. (Foto: Wikimedia Commons Schwerter_zu_Pflugscharen_-_Jewgeni_Wutschetitsch_-_Geschenk_der_Sowjetunion_an_die_UNO_-_1959)

Die Ankunft des Tages, an dem diese Vision Gottes bei uns Menschen Wirklichkeit wird, lässt sehr auf sich warten! Wir hatten schon geschwärmt von der Zeit nach dem 2. Weltkrieg: 70 Jahre „Frieden“! Obwohl auch das ja nicht stimmte. Immer wieder hatten wir gemeint: Seht doch das Licht am Horizont: 1945 die Gründung der Organisation der Vereinten Nationen! 1948 die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“! 1990 die gewaltfreie Wiedervereinigung Deutschlands! 1994 das Ende der Apartheid in Südafrika! Aber immer wieder gab es Rückschläge für unsere Hoffnung auf Fortschritt in Sachen Gerechtigkeit und Frieden: Korea-Krieg, Vietnam-Krieg, Irak-Kriege, Jugoslawien-Krieg, … Die Menschheit hat den Zug des Friedens immer wieder aufgehalten und daran gehindert, in unserer Gegenwart anzukommen. So viele gute Ziele sind international vereinbart worden, aber ihre Umsetzung in der praktischen Politik lässt auf sich warten! Und wie wir uns vertan hatten in der Einschätzung der internationalen Friedens-Chancen, das hat jetzt Putin mit seinem Angriffskrieg schmerzhaft deutlich gemacht.

Woran fehlt es? Sollte es daran liegen, dass „wir vom Haus Jakob“ unsere Wege nicht wirklich „im Licht des HERRN“ gehen?

Müssen wir eine andere Warte-Position einnehmen? Wann kommt er endlich bei uns an, der Tag, an dem die Völker wirklich zusammenfinden zum Frieden, wie der Gott der Bibel ihn verheißt?! Müssen wir unsere Haltung verändern, damit er endlich ankommen kann?! „Advent“ ist doch nicht ohne Grund angesagt! – auf Deutsch „Ankunft“ des Friedens, wie er ihn meint und wie Jesus ihn angefangen hat, um den alten Tagen des Unfriedens ein Ende zu setzen! – das ist doch nicht nur eine Träumerei!

„Vorsicht bei der Einfahrt!“

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