Blogbeitrag

weit offenes Tor Festung Königstein (2000)

jetzt wird’s

25. November 2021

Sonntagsbotschaft zum 28. November 2021, dem 1. Adventssonntag im Lesejahr C

„Endlich ist das zu Ende!“, sagt der eine. Und der andere: „Schade, dass es schon zu Ende ist!“ Nach einem Kino-Film. Oder nach einem Konzert. Erlebt habe ich es nach einer Osternachtfeier, die 3 ½ Stunden gedauert hatte.

Die alte Mutter mit jahrelangem schmerzhaftem Leiden, zu dem jetzt noch eine Lungenentzündung dazukommt, sagt sich: Hoffentlich ist das jetzt das Ende!“ Und ihre Familie:Hoffentlich ist das jetzt nicht ihr Ende!“ Und manchmal umgekehrt.

Anhaltende Stürme mit hohen Gebäudeschäden, eine Pandemie mit hohem Bedarf an Medikamenten und Impfstoffen, ein Bürgerkrieg mit immer mehr Waffeneinsatz – bei all dem stöhnen und schreien Menschen: Hoffentlich ist das endlich bald zu Ende!“ Und der Manager des Investmentfonds, der gerade eine riskant hohe Menge von Aktien einer Baufirma, eines Pharma-Unternehmens und einer Waffenfabrik in dem von ihm zu verantwortenden Fond verantwortet, der weiß: Je länger diese Katastrophen dauern, umso mehr Geschäft machen diese Firmen und umso höher steigt der Wert dieser eigentlich erst mal riskanten Aktien und damit auch der Erfolg seiner Arbeit. Vielleicht wird er hinter vorgehaltener Hand im vertrauten Kreis sagen:Hoffentlich ist das nicht bald zu Ende!“

Ein und derselbe Mensch sieht seine Ehe vor dem Kollaps – mit Angst vor einem unabwendbaren Ende. Und fünf Jahre später ist er glücklich, dass die Ehe zum Ende gekommen war. Wie oft lief das schon so!

„Ende“! Drohendes Ende. Erlebtes Ende. Ein Lebens-Thema! Mit so vielen Variationen! Je nach eigener Lebensgeschichte und je nach eigener Perspektive, wie ich mir ein sinnerfülltes Leben vorstelle, können Menschen zum Ende aller möglichen Entwicklungen und Prozesse, ja zum Ende des Lebens überhaupt sehr unterschiedliche Einstellungen entwickeln und dann Stellung dazu beziehen und entsprechende Entscheidungen treffen.

Die Botschaft vom Leben, wie die Bibel sie in vielen Variationen verkündet und wie Menschen sie sich in ihrer Lebenseinstellung zu eigen machen können, regt dazu an, die eigene Art, wie ich zu diesem und jenem „Ende“ stehe, in Frage zu stellen, zu überprüfen und mich vielleicht neu dazu in Beziehung zu setzen. Im Vertrauen auf das Leben und auf den, dem ich das Leben verdanke.

Am Sonntag vor zwei Wochen lenkte die biblische Botschaft unsere Aufmerksamkeit auf so manches Ende, das unsereins manchmal so unschön überraschen kann, ja das gar generell drohen mag. Die Anregung, selbst in allem Katastrophen-Elend sich auf den Gott zu verlassen, der alles zum Guten führt, will an diesem 1. Advents-Sonntag mit noch mehr Nachdruck bestärken zu einem felsenfesten Vertrauen auf seine Begleitung. Im Lukas-Evangelium, das dieses neue Kirchenjahr prägt, heißt es dann:

„Wenn all das beginnt,
dann richtet euch auf
und erhebt eure Häupter.
Denn eure Erlösung ist nahe!“
(Lukas 21,28)

Und damit das nicht als frommes Klischee abgehakt wird, ist vorher von einer sehr konkreten Situation die Rede. Die erste Lesung aus der Bibel, bezeugt aus einer katastrophalen Ausweglosigkeit, atmet ein mächtiges Vertrauen:

Es ist um das Jahr 600 vor Christus. Das Heer des babylonischen Königs Nebukadnezzar ist ins Restgebiet von Israel eingefallen. Das feindliche Heer belagert jetzt Jerusalem. Schon grassieren Pest und Hunger in der Stadt. Wehe den Menschen, die darinnen wohnen! Sie haben schon ihre Häuser eingerissen, um mit den Steinen die Belagerungswälle zu verstärken. Was sie noch zu erwarten haben? Nur den Untergang. Es ist alles aussichtslos. Die Katastrophe ist unabwendbar. Das Ende.

In dieser Situation tut der Prophet etwas geradezu Verrücktes: Er schließt mit einem anderen Bürger einen Kaufvertrag ab. Er kauft von ihm einen Acker vor den Mauern der Stadt. Gott hat ihm gesagt, er soll das tun.

Davon hört König Zidkija. Er bestellt den Propheten zu sich: Was das denn soll. Als Antwort überliefert die Bibel dessen Blick durch den König hindurch in die – nahe? oder ferne? – Zukunft:

Seht, es werden Tage kommen –
Spruch des Herrn – ,
da erfülle ich das Heilswort,
das ich über das Haus Israel
und über das Haus Juda gesprochen habe.
In jenen Tagen und zu jener Zelt
werde ich für David
einen gerechten Spross aufsprießen lassen.
Er wird für Recht und Gerechtigkeit sorgen im Land.
In jenen Tagen wird Juda gerettet werden,
Jerusalem kann in Sicherheit wohnen.
Man wird ihm den Namen geben:
Der HERR ist unsere Gerechtigkeit.

(Jeremia 33,14-16)

Aber der Untergang steht doch bevor! Wie kann da Jeremia von Zukunft reden: „Ihr werdet in Sicherheit wohnen“! Das ist doch völlig unrealistisch! Und trotzdem: Jeremia spricht es aus. In Gottes Auftrag! Und er kauft den Acker. Im Vertrauen auf Gottes Zusage, dass es nach der aussichtslosen Krise Zukunft und Leben gibt.

Zukunft. Leben. In Sicherheit wohnen. Gerettet werden. Recht und Gerechtigkeit im Land. „Das erfülle ich.“ Das ist doch kein „Ende“! Das ist Anfang! Da kann Jeremia gut schon mal ein neues Grundstück kaufen.

So las aus meinem Buch „Den Retter-Gott ranlassen, damit Weihnachten wird“ bei einer Veranstaltung im Frankfurter Haus am Dom der Wirtschaftsjournalist Frank Lehmann.

Mit solchem Nachdruck, mit dem die Botschaft rüberkommt, kann die Botschaft für das neue Kirchenjahr, das mit diesem 1. Adventssonntag beginnt, neue Hoffnung einpflanzen und kräftig beleben. Solche Perspektive, in der das Alte gerne verabschiedet wird, um Neues anzufangen, setzt Handlungsenergien frei, die alles das aktiv einer Lösung zuführen, was an Fragen und Problemen und Unsicherheiten im Raum steht.

Menschen, die sich dem anschließen, stellen sich dem Alten entgegen, so dass es keinen Bestand mehr hat und das Neue sich entfalten kann. Und was für ein Glück, wenn Menschen dann in einem Land leben, dessen politische Spielregeln – wie im deutschen Grundgesetz – schon die Weichen in diese Richtung gestellt haben, so dass man nur noch das alles umsetzen muss und umsetzen kann, weil alle entgegengesetzten Ideologien abdanken müssen! Türen und Tore müssen nur noch geöffnet werden.

Christliche Tradition besingt das als bevorstehenden Einzug, als Herrschaftsbeginn dessen, den wir am vergangenen Sonntag schon als den neuen „König“ gefeiert haben, der „Heil und Leben mit sich bringt“: „Macht hoch die Tür, …“

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