Sonntagsbotschaft zum 14. April 2024, dem 3. Ostersonntag (Lesejahr B).
Erfahrungen dieser Tage. Fragen, die sich da stellen. Mit was aus all dem hat die Botschaft zu tun, die aus den Bibeltexten dieses Sonntags unsereins heute anspricht?
Der Abschnitt aus der Apostelgeschichte erzählt von einem Tag in Jerusalem. Petrus redet öffentlich zu der Menschenmenge, die im Tempelvorhof zusammengelaufen ist. Er konfrontiert das Volk mit seiner Schuld am Tod von Jesus. Ganz schön mutig! Es gehe halt nicht, nur an den alten gewohnten Regeln festzuhalten; da geht der Mensch kaputt! Und er verweist sie auf die wunderbaren Erfahrungen, die schon viele Menschen mit Jesus gemacht haben: Viele, die schon am Ende waren, konnten aufatmen zu neuer Lebensfreude! Petrus ruft sie deshalb in seinem Namen zur Kurskorrektur auf.
Und der zweite Bibelabschnitt – aus dem 1. Johannesbrief – wirbt bei der Gemeinde, in der er vorgelesen wird, sich an Jesus zu halten und auf sein Wort zu achten. Denn so wolle Gott die ganze Welt frei machen aus den schlimmen Folgen davon, wie sie sich aneinander und an allem versündigt haben.
Und in dem Abschnitt aus dem Lukas-Evangelium erscheint der gekreuzigte Jesus lebendig mitten in der verschreckten Schar seiner Leute. Mit Verweis auf die Bibel erklärt er sie zu Zeugen, die jetzt allen Völkern seinen Aufruf zur Umkehr verkünden.
Ganz ausdrücklich gibt es ein Gemeinsames, wofür hier geworben wird: Es geht um das neue Gesicht der Erde, um die neuen Chancen der Menschheit, um die Neuschöpfung der Welt, die Gott mit der Auferweckung von Jesus, dem Christus, begründet: Sich zu ihm in Beziehung setzen, das ändert alles zum Guten! Die Menschheit ist nicht festgenagelt auf ihre alten Gleise, auf das System ihrer Gewohnheiten der Herrschaft von Geld und Machtanspruch, von Gewalt, Unterdrückung und Selbstsucht, von Zerstörung und Ausbeutung des Lebensraums. Sie ist weder an diese selbstgemachten Gesetze gefesselt noch an die Konsequenzen aus allem Tun, mit dem sie sich bisher schon schuldig gemacht und an Gott und Welt und an sich selber bedrohlich versündigt hat. Nein, mit Jesus und seiner Auferstehung hat Gott den Weg in die Freiheit aus all diesen angeblichen Zwängen begonnen. Wenn wir ihm und dieser Befreiung trauen und das Ruder herumwerfen, dann können wir sehen, wie alle heil und satt und lebendig werden!
In allen drei Bibeltexten ist zwar die Rede von Sünde und Schuld und Buße und Umkehr. Aber in allen diesen dreien geht es nicht um eine Moralpredigt, auf die hin die Leute in Jerusalem und in den Gemeinden damals und heute schuldbewusst die Köpfe einziehen. Nein, wenn man nicht automatisch mit schlechtem Gewissen auf solche Bibeltexte hinhört, sondern Ohren und Herz neugierig öffnet für ihre Botschaft, dann ergibt sich vielmehr ein großes Staunen über den Gott, der die Menschheit gar nicht für alle ihre massiven Sünden bestraft, mit denen sie sich selber Riesenklötze ans Bein gehängt hat, sondern der im Gegenteil sie jetzt herausführt und sie von neuem aufrichtet zu einer neuen Lebenslogik, zu einer neuen Mentalität, zu einem neuen „Geist“.
Diese Botschaft von der Auferstehung zu einem neuen Leben konzentriert die Sicht auf Jesus und auf seinen Geist, den er so provozierend gelebt hat, dass alle ihn umbringen wollen, die aus dem Geschäft mit der widergöttlichen Unmenschlichkeit ihren Profit beziehen und das nicht aufgeben wollen.
Was hatten sie daran Anstoß genommen – und nehmen daran Anstoß bis in unsere Tage! – , dass Jesus in Gottes Namen Menschen für ihre Schuld und Sünde nicht bestraft haben will, sondern sich ihnen freundlich zuwendet und sie so effektiv zu einer Veränderung ihres Verhaltens bewegt!
Klar, dass Petrus in der Apostelgeschichte zu den Leuten in Jerusalem damals ebenso wie zu uns heute die Konsequenz zieht: Also ändert euch einfach; es geht! Und was ihr euch mit eurem Unsinn selber eingebrockt habt, das werdet ihr mit eurer Kurskorrektur in Ordnung bringen; ihr werdet es sehen. Ihr müsst nur loslassen, was euch gefangen hält.
Erstaunlich, wie bestimmt Petrus auftritt. Das ist gar nicht seine Art. Nicht mehr ängstlich um sich selber redet er, sondern völlig unabhängig davon, ob das, was er sagt, mehrheitsfähig ist, ob er sich damit beliebt macht, auf Zustimmung stößt. Er kann nicht anders als Zeuge sein für das, was Gott ihm gezeigt hat.
„Zeuge sein“ – das ist überhaupt ein Stichwort von hohem Stellenwert in den Bibeltexten dieses Sonntags. „Dafür sind wir Zeugen“, sagt Petrus. Er versteht sich weder als Lehrer noch als Möchtegern-Machthaber. Er will anstecken mit seiner Überzeugung, mit seiner Sicht der Dinge, wie sie sich aus Gottes Handeln und aus der Botschaft der gesamten Bibel ergibt.
Dem entspricht dann auch, wie das Lukas-Evangelium heute endet: Nachdem der auferstandene Jesus allen Zweifeln seiner Jünger entgegen sich endlich an sie persönlich wenden kann, „öffnet er“ – wie es da heißt – „ihren Sinn für das Verständnis der Schrift“, deren äußeren Wortlaut sie schon in Kinderjahren gelernt haben: „Der Christus wird leiden und am dritten Tag von den Toten auferstehen. Und in seinem Namen wird man allen Völkern Umkehr verkünden, damit ihre Sünden vergeben werden.“
Und jetzt sagt er: „Ihr seid Zeugen dafür.“
In einer ersten Fassung – mit dem Titel „Dafür sind wir Zeugen“ – habe ich bereits vor drei Jahren die Botschaft dieses Sonntags so verstanden und weitergegeben.