Blogbeitrag

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Müde und erschöpft

15. Juni 2023

Sonntagsbotschaft zum 18. Juni 2023, dem 11. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr A). 

„Müde und erschöpft“. Ein Befund, der anscheinend auf immer mehr Menschen zutrifft. Ergebnisse einschlägiger Untersuchungen machen darauf aufmerksam und zeichnen davon vielfältige Bilder.

Krankheiten und Leiden aller Art haben unter Corona-Bedingungen einen neuen Schub erfahren – Alte, Erwerbstätige und Kinder in unterschiedlicher Weise.

Besteht da Handlungsbedarf? Wo sind die Menschen mit „Power“? Und das Gemeinwesen? Und Christen und Kirche – was haben sie damit zu tun?

Da gibt es ein „Evangelium“:

Als Jesus die vielen Menschen sah,
hatte er Mitleid mit ihnen;
denn sie waren müde und erschöpft …

Jesus? Welche Menschen sieht er? In dem Vers davor, der hier leider weggelassen ist, heißt es in der Bibel:

Jesus zog durch alle Städte und Dörfer,
lehrte in ihren Synagogen,
verkündete das Evangelium vom Reich
und heilte alle Krankheiten und Leiden.

… müde und erschöpft …
wie Schafe, die keinen Hirten haben.

Das ist anstrengend und entbehrungsreich und riskant. Und so manches Schaf bleibt da auf der Strecke. So eben auch bei den Menschen. Wenn niemand da ist mit Interesse und fähig, bei der Suche nach einer Lösung der Probleme zu helfen oder entlastend beizustehen.

Mit ihnen – den vielen Menschen – hat Jesus Mitleid. Was sie krank macht, sie verletzt und ihnen unterschiedlichste Beschwerden verursacht – das ist herangewachsen zu einer Ansammlung von Zwängen, die ihr Leben leidvoll beherrschen. Abgekämpft sind sie. Fix und fertig.

Ihn fordert das heraus. Das kann es ja wohl nicht gewesen sein. Müde und erschöpft. Als Ertrag eines menschlichen Lebens? In Gottes Namen macht er sich an die Arbeit: In der ganzen Gegend zieht er umher und mischt in den Sabbat-Gottesdiensten die Gemeinden auf. Er redet zu ihnen von Gott ganz anders, als Gott ihnen beigebracht worden war:

Gottes Reich und der eigene Wille, das Leben von ihm beherrschen zu lassen, das erkennen sie jetzt als Türöffner zur befreienden Heilung von allen Krankheiten und Leiden. Ein wahres Evangelium. Die wahrhaftig froh machende Botschaft. Mit der diese Heilung schon beginnt!

Sie merken: Ihr Unheil, die Früchte aller möglichen, das Leben vergiftenden Pflanzen führen nicht zwingend zu einer Ernte mit einem bleibend wuchernden Ertrag zerstörerischer Kräfte.

Sie merken: Stärker ist die belebende Kraft von Gottes Herrschaft, die Jesus verkündet und die, wo sie aufgenommen wird, damit zugleich zu wirken anfängt. Das ist die „Ernte“. Sie ist längst reif und muss nur eingebracht werden.

Und sie ist so reich und üppig, dass es für diese „Erntearbeit“ viele Menschen braucht. Je mehr auf sie hoffen und sich ihr verschreiben, umso leichter wird die Last derer, die sich an ihr beteiligen, und umso größer zugleich die Freude am Genießen ihrer Früchte durch die damit wachsende Zahl der mit ihnen beschenkten Menschen.

Jesus sagte zu seinen Jüngern:
Die Ernte ist groß,
aber es gibt nur wenig Arbeiter.
Bittet also den Herrn der Ernte,
Arbeiter für seine Ernte auszusenden!

Bisher scheint Jesus ja der Einzige zu sein: „Er“ verkündet und heilt. Unaufhaltsam. Sein „Mit-Leid“ fängt damit an, dass er mit den vielen Menschen leidet – bis hin zum eigenen Tod – sozusagen als leibhaftige Gegenwart von Gottes Reich. So vermag er, andere mit seiner Haltung anzustecken – mit seiner Hoffnung auf den „Herrn der Ernte“ und mit seiner hingebungsvollen Liebe zu den Menschen.

Ob es ihm gelingen wird, wenn er mit denen anfängt, die mit ihm gehen – die sich glaubend seiner Botschaft vom Reich Gottes geöffnet haben?

Dann rief er seine zwölf Jünger zu sich
und gab ihnen die Vollmacht,
die unreinen Geister auszutreiben
und alle Krankheiten und Leiden zu heilen.

„Vollmacht“ gibt er ihnen. Haben Sie schon mal einer Person eine Vollmacht erteilt? Das tun Sie nur in wichtigen Angelegenheiten und nur, wenn Sie der Person das zutrauen. Und damit überlassen Sie dieser Person alle Rechte, die damit zusammenhängen. Jesus vertraut seinen Jüngern, dass sie es ihm wirklich gleich tun werden. Immer. Und überall, wo es nottut.

Verbunden mit der Perspektive, „alle Krankheiten und Leiden zu heilen“, benennt der Evangelist hier die Aufgabe und Vollmacht, „die unreinen Geister auszutreiben“. „Unreine Geister“. Eine bei uns überholte Sprechweise. Gemeint sind mächtig wirkende Ideologien und andere Kräfte, die Zwang ausüben wollen auf unser Leben – individuell oder kollektiv.

Von diesen Kräften, die Krankheiten und Leiden schaffen, dürfen, können und sollen seine Jünger Menschen für Gottes Herrschaft der Liebe und des Lebens befreien. Mit seiner Vollmacht.

Diese Zwölf sandte Jesus aus …
Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe!
Heilt Kranke,
weckt Tote auf,
macht Aussätzige rein,
treibt Dämonen aus! …
(Matthäus 9,36 – 10,8)

Die Zahl seiner Jünger, die Zahl der Christen, wird in Statistiken heute mit über 2 Milliarden angegeben. Was für ein Potential!

 

Livestream des Gottesdienstes am 18.6.2023 in Heilig-Kreuz Frankfurt-Bergen-Enkheim:
https://www.youtube.com/watch?v=2zdaJ_drPP0&t=3170s

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