Blogbeitrag

Kissenschlacht

Reich Gottes – Kissenschlacht

24. September 2010

Alte Menschen. Zwischen 65 und 85. Sie haben im Lauf der Woche, die sie beisammen waren, die Zusage gehört: Ihr müsst euch nicht weiterhin durch die Zwänge festlegen lassen, die Rolle eines alten Menschen zu spielen, so wie man das von euch erwartet. Ihr dürft auf die Freiheit hoffen, ihr selbst zu sein. Im Reich Gottes und wenn Gott bei uns das Sagen hat, dann braucht ihr euch weder zu verstecken noch zu verbiegen.

Was hat das für diese alten Menschen zur Folge gehabt?

Nach einer Pause war ich als Erster wieder da. Ich spielte mit einem Ball. Als 2 oder 3 weitere Personen dazu kamen, warfen wir ihn uns gegenseitig zu. Sobald einige mehr da waren, brachte ich einen zweiten Ball ins Spiel. Da der zweite Ball verwirrend wirkte, fing ich an, die angezielten Personen mit Vornamen zu rufen, was von den anderen gleich aufgegriffen wurde. Nach einer Weile nahm ich ein Kissen und warf es: „Hermann!“ Lachend nahm die Gruppe das Kissen ins Spiel auf. Man musste mit viel mehr Wucht werfen als beim Ball. Dann ein zweites dazu und ein drittes, etwa zehn Kissen. „Anneliese!“ „Rainer!“ Es ging wild durcheinander und mit viel Lachen und mit Stimmen, die befreit losgelassene „Aggressivität“ ahnen ließen.

Ich hatte gedacht, nach 5 Minuten wäre die „Kissenschlacht“ beendet. Aber erst nach einer halben Stunde hörten die ersten und dann schnell auch alle anderen auf und ließen sich erschöpft lachend auf die bereit stehenden Stühle fallen.

Aus dem anschließenden Gespräch:

„Sie haben alle zu Hause irgendwelche Nachbarn. Jetzt denken Sie bitte an eine bestimmte Person aus Ihrer Nachbarschaft. – Haben Sie? – Und jetzt stellen Sie sich vor, diese Person wäre eben hier vor-beigegangen und hätte das alles gesehen und Sie dabei erkannt….“ Ich konnte den Satz nicht fertig aussprechen. Hände wurden über dem Kopf zusammengeschlagen. „Die sind vielleicht verrückt!“ „Diese doofen Alten!“ „Die Alten werden wieder kindisch!“ ….. Aufgestaute Wut bahnte sich einen Weg. Wut über die Zwänge der gesellschaftlich verordneten Rolle, wie ein alter Mensch sich zu verhalten hat und wie nicht.

Schließlich haben wir gemeinsam nachgedacht und uns ausgetauscht, was das den Beteiligten für ihr Lebensgefühl bedeutet, für ihren Wunsch nach Selbstbestimmung und Individualität. Einige drückten es aus und es war allgemein zu spüren, dass die „Kissenschlacht“ und das anschließende Gespräch Mut machten, sich weniger durch Rollenerwartungen bevormunden zu lassen und sich mehr Freiheit zu gönnen.

Das war ein Augenblick der Hoffnung.

Weil das Zutrauen gegenüber dem kommenden „Reich Gottes“ die Oberhand gewonnen hatte. Dieses nonverbale „Glaubensbekenntnis“ war eindeutig zu verstehen und bestärkte durch die Offenheit in der Solidarität.

Hier können Sie meinen Beitrag weiter empfehlen: