Blogbeitrag

2022-06-12 meine Predigt am Dreifaltigkeitssonntag

Wie geht’s dir?

12. Juni 2022

Meine Predigt am Dreifaltigkeitssonntag, 12. Juni 2022,
in der Allerheiligen-Kirche der Pfarrei St. Edith Stein Maintal-Dörnigheim.

„Wie geht’s dir?“ So fragt oft einer den andern am Anfang einer Begegnung.

Der Normalfall dabei ist aber: Er will das gar nicht wissen. Wer jemanden so anspricht, gibt eigentlich nur das Signal einer freundlichen Kontaktaufnahme.

Wenn allerdings jemand diese Frage einmal tatsächlich so meint und ich merke: Oh, der interessiert sich wirklich dafür, wie es mir geht!, dann kann das bei mir unterschiedliche Reaktionen auslösen:

  • Vielleicht erschrecke ich dann, denn mit dieser Person und zum jetzigen Zeitpunkt
    bin ich gar nicht drauf eingestellt, bin vielleicht überhaupt nicht bereit dazu, etwas Persönliches von mir preiszugeben.
  • Oder ich bin aufgrund bisheriger Erfahrungen misstrauisch geworden, so dass dieses Interesse bei mir nur als vorgegeben ankommt – vielleicht um für irgendein Anliegen gut Wetter zu machen.
  • Oder aber ich erlebe, dass endlich mal jemand sich dafür interessiert, was sich in meinem Leben tut und wie ich damit klar komme.

    Eine ehrliche Anteilnahme, wie es mir geht, entspricht sehr wohl einer Sehnsucht nach einer Kontaktaufnahme, der man wirklich trauen kann.

    Können Sie sich vorstellen, dass Gott, wenn er merkt, er kann mit Ihnen in Kontakt kommen, – dass er Sie so ansprechen möchte? „Du, wie geht’s dir?“ Ja, ist das womöglich die Frage, mit der Gott uns begegnen will?

    Beim Lesen der heutigen Bibeltexte fiel mir auf: Da geht es immer um eine Beziehung zueinander; um die Art, wie die miteinander kommunizieren, die miteinander in Verbindung kommen oder schon stehen. Und wohltuend fühl ich dabei: Dieses Kommunizieren geschieht jedenfalls immer mit Interesse aneinander:

    Gottes „Weisheit“, die sich uns in der 1. Lesung vorgestellt hat (Sprichwörter 8,22-31), beschreibt ihre Art der Begegnung mit Gott und dem, was er tut: Sie spielt vor ihm wie ein Kind. Und von ihrer Begegnung mit uns und unserer Welt, sagt sie: Es ist ihre Freude, bei den Menschen zu sein.

    Paulus, wo er von der Beziehung des glaubenden Menschen zu Gott redet (Römer 5,1-5), nennt in einem Atemzug „Frieden“ und „Bedrängnisse“, als ob das in der Begegnung mit Gott eins werden könnte.

    Und im Evangelium (Johannes 16,12-15) sehe ich geradezu die dämpfende Handbewegung, mit der Jesus seine ungeduldigen Vertrauten darauf einstellen möchte, dass sie natürlich nicht alles auf einmal kapieren können, sondern dass sie – mit Gottes Beistand – Schritt für Schritt seinen Weg mit ihnen begreifen werden.

    Das Ganze atmet für mein Empfinden eine zuversichtliche Gelassenheit. Und gerade die könnte uns in unserer Zeit echt gut tun. Mehr als der beste Lehrvortrag über das Wesen der göttlichen Dreifaltigkeit.

    Gott möchte anscheinend, dass auf den Tisch kommt, wie es uns geht. Und dann begleitet uns Christus, damit sein neuer Geist bei uns eine heilsamere Zeit herbeiführt.

     

    Rainer Petrak

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