Blogbeitrag

2004-08-28 Fest des Miteinanders in Gottes Geist

Willkommen!

26. Januar 2023

Sonntagsbotschaft zum 29. Januar 2023, dem 4. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr A).

Sollen die Kirchen sich wirklich aus der Politik heraushalten? Gehört der Glaube wirklich nur zu den privaten Lebensbereichen? Kann man mit der Bergpredigt wirklich keine Politik machen? Nicht nur Bismarck und Helmut Schmidt waren dieser Meinung. Die Streitfrage steht immer noch im Raum. Auch wenn die Kirchen als „moralische Instanz“ ausgedient haben sollten.

Meine persönliche Fragestellung leitet sich allerdings von einem anderen Interesse ab: Was will Jesus, was will die Bibel mit der Bergpredigt wirklich sagen, anstreben und in Gang setzen?

An den vier nächsten Sonntagen sind in den katholischen Gottesdiensten Abschnitte aus der Bergpredigt vorgesehen als „Evangelium“, also als Quelle der Freude für das heutige Leben – jedenfalls für die Menschen, die darauf hören und ihr Leben daran orientieren wollen.

Die abendländische Glaubensüberlieferung im Einflussbereich Roms hat sich in ihrem Hören auf die Bibel und gerade auch auf die Bergpredigt immer sehr gerne an Fragen nach Recht und Macht ausgerichtet. Der fast schon automatisch wirkende Hörfilter lässt zum Beispiel beim Wort „du sollst“ oder „du sollst nicht“ nur moralische Aufforderungen hören. Geradezu abgeblockt sind dann von vornherein alle Möglichkeiten eines Verständnisses im Sinne von Wünschen oder Zusagen: „Du sollst gesund werden!“ oder „Du sollst nicht krank werden!“

Die kommenden Sonntage sind eine Chance, neu hinzuhören und vielleicht eine geradezu neue Botschaft zu empfangen, die froh macht oder – um es mit den letzten Worten der Bergpredigt zu sagen – die ein stabiles Fundament bietet, um allen kommenden Stürmen zu trotzen.

Die Bergpredigt fängt mit den sogenannten „Seligpreisungen“ an. Als ein Allgemeingut bürgerlicher Bildung über den Kreis glaubender Christen hinaus, meint jeder sie zu kennen und zu verstehen. Verbreitete Reaktion auf das, was die Seligpreisungen sagen, ist Kopfschütteln; die eigene Erfahrung widerspricht: Arme, Trauernde, Gewaltlose und Opfer von Unrecht sind alles andere als „gut dran“!

Auch ich gehöre zu denen, die sicher waren, die Seligpreisungen gut zu kennen und verstanden zu haben. Aber dieses Jahr habe ich zum ersten Mal noch sehr deutlich den Zusammenhang im Blick, was im Matthäus-Evangelium unmittelbar davor erzählt und bezeugt wird:

Menschen interessieren sich für Jesus, weil sie merken: Denen auf den finsteren Schattenseiten bringt er neues Licht ins Leben! Gottes belebenden Geist bringt er unter sie! Er macht sich zu einem von ihnen und solidarisiert sich total mit ihnen! Und er redet nicht nur, sondern tut auch, was er sagt! Da hängen sie sich ihm an die Lippen und an die Fersen. Wenn es sich herumspricht, wo er gerade ist, kommen die Menschen in Scharen zusammen. Nicht nur aus der Nachbarschaft in Galiläa, sondern auch aus der weiteren Umgebung. Er sammelt sie. Immer mehr Menschen lassen sich von ihm anstecken und helfen ihm, werden zu seinen Jüngern. Sie merken: Hier kommt Gott uns nahe! Neue Zukunft tut sich auf – eben „der Himmel“! Er ist das Feuer gegen die Kälte, die Sonne gegen die Nacht, das Brot gegen die Armut, der Trost gegen die Trauer, das Recht gegen die Unfreiheit, die Hoffnung gegen den Tod, das befreiende Festmahl gegen alles Unheil!

In diesem lebhaft bewegten Zusammenhang ereignet sich, was das Evangelium dieses Sonntags als den Beginn der Bergpredigt bezeugt, wo Jesus selber, was in der Luft liegt, in die plakativen Worte fasst, mit denen er die Menschen in ihrer neuen Hoffnung und Freude bestärkt:

Als Jesus die vielen Menschen sah, stieg er auf den Berg.
Er setzte sich und seine Jünger traten zu ihm.
Und er öffnete seinen Mund, er lehrte sie und sprach:
Selig, die arm sind vor Gott;
denn ihnen gehört das Himmelreich.
Selig die Trauernden;
denn sie werden getröstet werden.
Selig die Sanftmütigen;
denn sie werden das Land erben.
Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit;
denn sie werden gesättigt werden.
Selig die Barmherzigen;
denn sie werden Erbarmen finden.
Selig, die rein sind im Herzen;
denn sie werden Gott schauen.
Selig, die Frieden stiften;
denn sie werden Kinder Gottes genannt werden.
Selig, die verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen;
denn ihnen gehört das Himmelreich.
Selig seid ihr, wenn man euch schmäht und verfolgt
und alles Böse über euch redet um meinetwillen.
Freut euch und jubelt:
Denn euer Lohn wird groß sein im Himmel.
(Matthäus 5,1-12a)

Dazu kommt mir das Kirchenlied in den Sinn:

O Seligkeit, getauft zu sein,
in Christus neu geboren!
Von aller Schuld bin ich befreit,
erlöst ist, was verloren.
Wer kann ermessen, welche Gnad‘
mir Gott, der Herr, erwiesen hat?
Mein Leben soll es danken.
(Text: Georg Thurmair, © Verlag Herder GmbH, Freiburg i. Br., Musik: Mainz 1410
Aufnahme: Herz Jesu Fechenheim 1984)

Selbst wenn es manchmal viele sein sollten, die in Gottesdiensten dieses Lied singen, – die wenigsten werden diesen Text plausibel finden und tatsächlich nachvollziehen und sich glücklich fühlen, weil sie getauft sind. Eher sagen Menschen doch: Ob getauft oder nicht – was ändert das daran, ob ich glücklich bin!

Allerdings habe ich dieser Tage überrascht aufgelacht, weil mir ein Zusammenhang in den Blick kam, den ich bisher noch nie so gesehen hatte: Wenn ich nicht getauft gewesen wäre – laut Urkunde vom altkatholischen Pfarrer Gerstner in Gablonz im Sudetenland – , wäre ich bei der Anmeldung in die Karlsruher Gutenbergschule auch nicht in den der Schulpflicht zugeordneten Religionsunterricht geschickt worden. Wie gut aber, dass in der Religionsgruppe der Pfarrer Johne jeden fünften sonntäglichen Gottesdienstbesuch mit einem amerikanischen Kaugummi belohnte! 1948! Ich wollte unbedingt auch einmal einen Kaugummi! So habe ich dann diesen „Gott“ kennengelernt, dessen Geist in der Gemeinde wirkte und bei dem ich endlich so etwas wie Zuhause-sein und Aufatmen erleben konnte und der sein durfte, der ich war. Was für ein Glück hatte ich, in diesem Umfeld mich geliebt zu erfahren! Ja, was für ein Glück für mich, getauft zu sein!

Aus dem Zusammenhang meiner Lebensgeschichte und aus dem Zusammenhang des Matthäus-Evangeliums, in dem die Bergpredigt steht, höre ich, was Jesus in den sogenannten Seligpreisungen bis in die heutige Zeit hinein ruft, so:

Willkommen im Reich Gottes! Willkommen in der Vernetzung mit Gott und in seinem Einflussbereich! Was habt ihr ein Glück, dass ihr mit eurer Armut durch die Tür zum Reich Gottes geht, mit eurer Misere vor Gott kommt! Gratulation, dass ihr mit eurer Trauer euch dem Reich Gottes anvertraut, euch mit all euren beängstigenden Lebenslagen zu ihm in Beziehung setzt! Ja, glücklich seid ihr zu preisen, die ihr gemeinsam mit mir auf Gewalt verzichtet, obwohl ihr damit auf den Bauch fallen könnt; die ihr euch auf barmherziges Handeln einlasst, obwohl ihr damit den Kürzeren ziehen könnt! Wunderbar, dass ihr in Kauf nehmt, meinetwegen heruntergemacht oder diskriminiert zu werden – in der Freude: das ist mein Leben und ich stehe dazu und das wird sich lohnen!

In der Fortsetzung seiner „Bergpredigt“ nimmt Jesus alle, die ihm an den Lippen hängen, weiter in die Arme und macht ihnen Mut zu ganz neuen Maßstäben für ihr Handeln und ihre Lebensgestaltung. Er weiß und sie ahnen: Wenn sie sich daran orientieren, kommen sie dem Ziel ihrer Sehnsucht näher!

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