Sonntagsbotschaft zum 2. April 2023 (Palmsonntag).
In einer Woche ist Ostern. Hinter uns liegt ein Weg. Sein Anfang stand im Zeichen der Asche. Jetzt strebt er mit Nachdruck auf neues Feuer hin. Den Weg markiert haben die fünf Sonntage mit ihren wesentlichen Schritten:
- Schritt:
Von seiner Lebensaufgabe, die Würde des Menschen wiederherzustellen, will so vieles ihn abhalten. Jesus setzt sich damit auseinander.
Nicht vom Brot allein lebt der Mensch,
sondern von jedem Wort,
das aus dem Munde Gottes kommt.
(Kehrvers zum Lobgesang der Maria in der 1. Vesper am 1. Sonntag auf dem Weg zum Osterfest – nach dem Antiphonale zum Stundengebet)
- Schritt:
Die Menschen, die mit ihm gehen, bestärkt er für seinen hingebungsvollen Einsatz, der zum Aufleuchten von Gottes alles beherrschender Menschenliebe führt.
Jesus Christus, unser Herr,
hat dem Tod die Macht genommen
und uns das Licht des unvergänglichen Lebens gebracht
durch das Evangelium.
(Kehrvers zum Lobgesang des Zacharias in der Laudes am 2. Sonntag auf dem Weg zum Osterfest – nach dem Antiphonale zum Stundengebet)
- Schritt:
Die geschmähte, sich abmühende Frau
bekommt von Jesus ein Wasser, das allen Durst stillt,
ja in ihr zur sprudelnden Quelle wird.
Wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe,
den wird nicht dürsten in Ewigkeit.
(Kehrvers zum Lobgesang der Maria in der 2. Vesper am 3. Sonntag auf dem Weg zum Osterfest – nach dem Antiphonale zum Stundengebet)
- Schritt:
Mit seinem Wort öffnet Jesus dem von Natur aus blinden Menschen die Augen und Gottes Handeln leuchtet ihm ein.
Noch nie hat man gehört,
dass jemand die Augen eines Menschen geöffnet hat,
der blind geboren war.
Du aber hast es getan, Christus,
Sohn Gottes, du Licht der Welt.
(Kehrvers zum Lobgesang des Zacharias in der Laudes am 4. Sonntag auf dem Weg zum Osterfest – nach dem Antiphonale zum Stundengebet)
- Schritt:
Gottes Herrlichkeit zeigt sich denen, die auf das Wort von Jesus hin den Stein wegwälzen, der den Menschen in seinem Grab festhält.
Lazarus, unser Freund schläft;
aber ich gehe hin, ihn aufzuwecken.
(Kehrvers zum Lobgesang des Zacharias in der Laudes am 5. Sonntag auf dem Weg zum Osterfest – nach dem Antiphonale zum Stundengebet)
Jesus setzt die Wegmarken. Am sechsten Sonntag, dem Palmsonntag, fasst die Bibel das so zusammen:
Christus Jesus war Gott gleich,
hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein,
sondern er entäußerte sich
und wurde wie ein Sklave
und den Menschen gleich.
Sein Leben war das eines Menschen;
er erniedrigte sich
und war gehorsam bis zum Tod,
bis zum Tod am Kreuz.
Darum hat ihn Gott über alle erhöht
und ihm den Namen verliehen,
der größer ist als alle Namen,
damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde
ihr Knie beugen vor dem Namen Jesu
und jeder Mund bekennt:
„Jesus Christus ist der Herr“ –
zur Ehre Gottes, des Vaters.
(Philipper 2,6-11)
Und für die Lebenspraxis in unseren Tagen ruft die Kirche das so in Erinnerung – mit dem ersten, programmatischen Satz in dem Konzilsbeschluss von 1965 „über die Kirche in der Welt von heute“:
„Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. …“
(Gaudium et spes –
Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute, 1965, Nr. 1)
Und warum ist das so?
Die hier genannten „Jünger Christi“, also die Christen wollen ihm nachfolgen in dem, was der Meister selbst angefangen hat. Als Modell steht er. Wesentlich für Jesus Christus ist: Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch seine eigene Freude und Hoffnung, Trauer und Angst. Er ist ja unsereins „gleich“ geworden.
Ins Einzelne buchstabiert heißt das dann also – nach dem programmatischen Bekenntnis des Konzils:
Woran wir Menschen von heute Freude haben, daran erfreut er sich mit uns: an der Entfaltung des Lebens in schöpferischer Freiheit, an Liebe und Sexualität, an gelingendem Miteinander – im Kleinen wie in der Politik.
Worauf wir Menschen von heute hoffen, darauf hofft er mit uns: auf Gerechtigkeit, auf Frieden, auf Bewahrung der Schöpfung.
Worüber wir Menschen von heute trauern, darüber trauert er mit uns: über die Wende zu neuem Krieg und zur globalen Konfrontation, über das Scheitern von Beziehungen und von Bemühungen, über Misserfolge aller Art.
Was uns Menschen von heute ängstigt, das macht auch ihm Angst: Hass und Gewalt, Krankheit und Tod, die drohende Zerstörung des Lebensraumes Erde.
Er macht sich zu einem von uns Menschen heute. In aller Freude, Hoffnung, Trauer und Angst liegen ihm „besonders die Armen und Bedrängten aller Art“ am Herzen, meint das Konzil. Und deshalb sucht er sie auf und stellt sich neben sie – besonders da, wo sie damit in Konflikten leben. Und er weicht nicht zurück, selbst nicht vor der Hölle der Hinrichtung am Kreuz. Er, den viele von uns mit dem „ungläubigen“ Thomas bekennen als „mein Herr und mein Gott“!
Und solches Miteinander-Menschen-Werden in Solidarität, in Wertschätzung, Liebe und Respekt ist sein Anfang. Damit stellt er das Menschsein auf eine neu zuverlässige Grundlage und bringt es auf den Weg zum Gelingen bis zur Erfüllung – mit der Perspektive bis hin zu jenseitiger Vollendung.
Wie erstaunlich hilfreich, ja erlösend für alle Zeiten ist es, dass ER unter totalem Einsatz seines Lebens die zutiefst verletzte Humanität wiederherstellt, indem er die lebensfeindliche Herrschaft von Geltungssucht, Rechthaberei und Habgier überwindet zu Gunsten neuen Aufblühens von Menschenwürde und Gemeinwohl!
So ruft der Apostel damals den Christen in Ephesus ebenso wie unsereins heute überschwänglich seine Begeisterung zu:
Er erleuchte die Augen eures Herzens,
damit ihr versteht,
zu welcher Hoffnung
ihr durch ihn berufen seid,
welchen Reichtum
die Herrlichkeit seines Erbes den Heiligen schenkt
und wie überragend groß
seine Macht sich an uns, den Gläubigen, erweist
durch das Wirken seiner Kraft und Stärke.
(Epheser 1,18-19)
So sehr hat Gott die Welt geliebt,
dass er seinen einzigen Sohn dahingab;
damit alle, die an ihn glauben, nicht verlorengehen,
sondern das ewige Leben haben.
(Kehrvers zum Lobgesang der Maria in der 1. Vesper am 4. Sonntag auf dem Weg zum Osterfest – nach dem Antiphonale zum Stundengebet)
Gott!
Dein Sohn
ist uns Menschen gleich geworden:
einer von uns.
Sich selbst hat er erniedrigt
bis in die Schmach der Hinrichtung am Kreuz.
So weit ging sein Gehorsam
gegenüber deinem Willen, unser aller Erlöser zu werden!
Öffne uns das Herz,
dass wir froh und dankbar
seine Hingabe für uns annehmen
als Quelle neuer Lebenskraft,
als Brot und Wein,
als Nahrung und Freude für unser Leben.
Und bestärke uns
zum Einsatz dafür,
dass seine erlösende Liebe sich ausbreite
auf möglichst alle Menschen.
Darum bitten wir durch ihn, Jesus Christus,
unsern Herrn und Gott,
der in der Einheit des Heiligen Geistes
mit dir
lebt und herrscht
in dieser Zeit und in der Ewigkeit.
(Tagesgebet zum Palmsonntag – nach dem Messbuch, sprachlich modifiziert und inhaltlich ergänzt)
Dein Kreuz, o Herr, verehren wir
und deine heilige Auferstehung preisen und rühmen wir;
Denn siehe durch das Holz des Kreuzes kam Freude in alle Welt.
(Kehrvers zum 3. Psalm in der Laudes am Karfreitag – nach dem Antiphonale zum Stundengebet)
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Als zusätzliche Begleitung in den Geist dieses Tages und in den Sinn der damit beginnenden Karwoche empfehlen sich die „Sonntagsbotschaften“
zum Palmsonntag 2022: https://rainer-petrak.de/gesang-oder-schreie/
und zum Palmsonntag 2021: https://rainer-petrak.de/in-zerrissener-gesellschaft/
und die Predigt von 2014: https://rainer-petrak.de/palmsonntag-im-rollstuhl/