Der Betriebsrat der in Frankfurt-Fechenheim ansässigen Kosmetik-Firma Jade wandte sich 1995 an uns mit einem Hilferuf, als Dormann (Vorstand Hoechst AG) noch ein paar Milliarden brauchte – für den Kauf von MMD in USA, um dort die Pharma-Nr. 3 zu werden. Die Hoechst AG wollte die stets so genannte „Perle“ der Fechenheimer Cassella-Gruppe an L’Oréal verkaufen – die 3 Mrd. DM bot, um diese lästige Konkurrenz endlich dicht zu machen! Die Solidarität, die die Jade-Belegschaft aus unserer Kirchengemeinde erfuhr, war für die Beschäftigten – wie mir immer wieder noch Jahre später gesagt wurde – ein wichtiger Baustein zu ihrer Bestärkung in ihrem Kampf um die Arbeitsplätze, so dass sie erfolgreich zu Hochform aufliefen: L’Oréal hat einen spitzenmäßigen Sozialplan mit dem Betriebsrat entwickelt und eine Outsourcing-Firma damit beauftragt, für alle 475 Beschäftigten in Absprache mit ihnen einen neuen guten Arbeitsplatz zu finden. Noch Jahre später kamen bis zu 200 Ehemalige von Jade zu den Erinnerungstreffen in unserem Gemeindesaal zusammen und bekundeten – auch von den ihnen bekannten Nicht-Anwesenden – , mit ihrer neuen Arbeit allesamt mindestens ebenso zufrieden zu sein wie vorher bei Jade!
Immer wieder konnten wir in unserer Gemeinde – meistens nach Hilferufen, die uns erreichten – Menschen in den verschiedensten Notsituationen helfen. Manchmal war es „nur“ eine Rückenstärkung, so dass Menschen – wie sie sagten – auch am Tag danach noch „in den Spiegel schauen konnten“ (Belegschaften der ins Ausland verlagerten Fechenheimer Firmen „Rockwell-Golde“ und „Werner Gelenkwellenbau“, …). Aber manchmal hatten wir auch einen erstaunlichen Erfolg. Wie z.B. im Kampf gegen akut drohende Abschiebung von Asylsuchenden oder einer „illegalen“ jungen Afrikanerin.
Im Blick hatten wir dabei durchaus – wenn auch mit sehr schwach aussehenden Kräften, aber wenigstens zeichenhaft – auch „die Rettung der Welt“: die Rettung des Weltklimas, des Regenwaldes, der Artenvielfalt, der Menschenwürde, …
Obdachlose wurden von der Straße „gerettet“ – durch das mit der Caritas koordinierte langjährige – im Jahr 2000 in Berlin Innovationspreis-gekrönte – „Wohnwagenprojekt“ (sozialarbeiterisch betreutes Wohnen im Wohnwagen auf Kirchengrundstück als Übergang zu fester Wohnung).
Im sozial benachteiligten Arbeiter-Stadtteil, der von der Stadt und ihrer Politik – trotz der Probleme durch den wirtschaftlichen Strukturwandel – lange Jahre hindurch einfach am (Stadt-)Rand liegen gelassen und – ohne Lobby – kaum beachtet wurde, hat das von der Kirchengemeinde in die Gänge gebrachte Projekt „Fechenheim erneuern“ dazu geführt, dass im Stadtteil das Selbstbewusstsein wuchs und dass durch die Bevölkerung wie auch durch die Politik nachhaltig Verbesserungen entstanden.
Es gab Menschen, die mit Hilfe des Beistands aus der Gemeinde die Kraft zum „Überwintern“ durch langjährige Leidsituationen hindurch bezogen haben. Verschämt Arme konnten dazu bewegt werden, ihre Rechte gegenüber Behörden einzufordern; andere, sich gegen Übervorteilung und Ausnutzung zur Wehr zu setzen; …