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Wissen sie, was sie tun?

Was machen die Leute in der Kirche? – Auf diese Frage antworten viele Kinder und manche Erwachsene: singen und beten. Das stimmt natürlich. Aber ebenso könnte man dann auch antworten: Sie atmen und lesen, und dazu stehen sie manchmal auf und setzen sich dann wieder hin.

Dieser Blickwinkel,  aus dem das Geschehen eines Gottesdienstes gesehen wird, hat angeblich schon mal ein Kind von einem evangelischen Gottes­dienst erzählen lassen: „Da hatten sie einen schwarzen Mann in eine Wandvase eingesperrt. Aber der hat so lange geschimpft, bis sie ihn wie­der freigelassen haben.“ Es ist, wie wenn man nach einer Trauung vom Dialog zwischen Standesbeamtem und Brautpaar erzählt:  „Sie haben miteinander geredet und sich dabei in die Augen geschaut.“

Wo liegt das Problem? Ein totales Missverständnis entsteht, wenn ich bewusstlos ein Ereignis vordergründig aus Blickwinkeln betrachte, die mir von anderen Lebensbereichen her vertraut sind. Dann kann es unmöglich werden, was hier eigentlich geschieht, so wahrzunehmen, dass ich dem Ereignis gerecht werde.

Singen, stehen, … – aus einem ganz anderen Blickwinkel nehme ich Zusammenhänge wahr, zum Beispiel wenn am Ende eines Gottesdienstes nach der Aufforderung „Geht hin in Frieden!“ alle mit dem Gesang antworten: „Dieser Weg führt ins Nichts.“ Oder:  In den Ferien spielt ein älterer, etwas schwerhöriger Lehrer die Orgel in der Frauenmesse. Eine junge Frau betet vor und verkündet: „Wir singen das Lied ,Ich will dich lieben!’“ Der Lehrer ruft von der Orgelempore: „Was?“ Die junge Frau laut: „Ich will dich lieben!“ Der Lehrer begreift endlich und ruft: „Sofort?“ (Glücklicherweise ist das nur ein Scherz, den ich irgendwo gelesen habe.)

Was tun Menschen in der Kirche, wenn sie miteinander Gottesdienst feiern? Und was erleben, was empfinden sie da? Was kann man wahrnehmen (sehen, hören, riechen, schmecken, tasten)? Und was zeigen Körpersprache, Worte, Tätigkeiten, Atmosphäre, Geruch der Luft, Temperatur, Bewegung, Musik, … was da „eigentlich“ geschieht? Zum Beispiel wenn ein Lied aus dem Buch gesungen wird? Wenn der Priester sagt: „Lasst uns beten!“? Beim Aufleuchten des Liedanzeigers während eines Gebets? (Aufforderung: blättert jetzt, betet nicht!) Oder wenn alle (oder manche) „Amen“ sagen (oder murmeln)? Oder wenn der Priester das Brot bricht? Wenn die Atmosphäre „steif“ ist? Wenn jemand lauter singt als die anderen? Wenn die Heizung nicht funktioniert? Oder wenn der Lektor beim „Verkünden“ von Gottes Wort aus der Bibel sich sichtlich abquält und nicht verstanden hat, was er vorliest? Oder wenn der Priester bei der zweiten Messe an diesem Sonntag die Gebetsworte des Hochgebets routiniert abspult – mit der Sorge „hoffentlich komme ich rechtzeitig zur nächsten Messe!“?

Was löst dies und jenes in mir aus, was geht da in mir vor? Welche Gedanken gehen mir dabei durch den Sinn? Welche Bestrebung, welcher Wunsch, welche Sehnsucht kommt in mir auf? Was geschieht da an Handeln Gottes? Was tut da Christus? Was geschieht mit mir, mit uns, zwischen uns – zum Beispiel, wenn der Priester auffordert: „Erhebt die Herzen!“ und die meisten bestätigen: „Wir haben sie (schon) beim Herrn.“?

Die Gemeindereferentin hatte – im sonntäglichen Familiengottesdienst mit vielen Kindern – eine gewichtige, existenzielle Frage gestellt. Der junge Moslem neben mir, (der einmal einen katholischen Gottesdienst erspüren wollte,) fragte mich, den fremden Banknachbarn, unvermittelt mit großen Augen: „Meint die nur die Kinder oder meint die uns??“

Ja, wie kommt sich in einem unserer üblichen Gottesdienste jemand vor, dem Kirche und Glaube ganz fremd sind? Was kann er erspüren, was dieser Gottesdienst und was da gesagt und getan wird, mit dem christlichen Glauben zu tun hat?

Unstimmigkeiten in der Art, einen Gottesdienst zu feiern, können seine Glaubwürdigkeit und damit Gottes Wirksamkeit in erschreckendem Ausmaß beeinträchtigen.

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